Prince Rupert. Ganz weit oben im Nordwesten Kanadas. Noch nie zuvor in meinem Leben habe ich Hinweis-Schilder mit der Aufschrift „Alaska“ gesehen. Jetzt ist es soweit. Trotz der großen geografischen Distanz gelingt es mir nicht, den durchaus auch ersehnten Abstand zur Heimat zu generieren.
Jeden Tag kommen neue erschreckende Nachrichten übers Internet.
Über die – eh klar – von einem hirnkranken Freiheitlichen geäußerlte Förderung nach Registrierung der Konsumenten geschächteten Fleisches.
Über den „dringenden" Wünsch eines oberösterreichischen Wirtschaftskammerfunktionärs (dieses Mal türkis/schwarz) nach überhaupt Abschaffung der Gewerkschaft (eine austrofaschistische Sauerei aus dem Jahr 1934), bis zur – ebenfalls aus der sogenannten „Wirtschaft“ kommende „Anregung" nach Abschaffung der 5. Urlaubswoche und der bezahlten 1., 2. und 3. Krankenstands-Tage.
Die Unverschämtheit und Dreistigkeit, mit der hier die astreinste Klientelpolitik betrieben wird, lässt einem den Atem stocken. Jemand wie ich, der jahrzehntelang die Schattenseiten der Großen Koalition kritisiert und beklagt hat, beginnt sich plötzlich nach dieser Regierungsform zu sehnen. Weil offensichtlich der größte Vorteil dieser Konstellation NICHT darin bestand, die größten Probleme zu lösen (was der GroKo seit Mitte der 90er-Jahre definitiv nicht mehr gelang), sondern das Durchsetzen der schlimmsten Extreme der jeweiligen Partner zu verhindern. Und mir fällt der von mir überhaupt nicht geschätzte frühere Wiener ÖVP-Obmann Bernhard Görg ein, der einmal konstatierte: „Immer wenn die ÖVP panikt, kippt sie nach rechts.“
Ich war noch nie so nah bei Alaska. Und ich war nicht einmal in meinen extremsten Jugendzeiten so nah am Wunsch nach radikalem Widerstand. Gegen eine von jeder politischen Ethik völlig freie gefährlich ungebildete politische Buberlpartie, die die ÖVP gekapert hat und selbst am Gängelband der Industriellenvereinigung hängt.
Gegen eine völlig enthemmte und von allen Fesseln freie unverblümte Faschisten-Gang der FPÖ, deren Umtriebe von den eigenen Wählern noch immer nicht durchschaut werden und von einer komplett gewissens-befreiten Industrie mehr als nur geduldet werden.
Ich habe Angst vor den nächsten Generationen und den Vorwürfen, die sie meiner Generation machen werden. Es ekelt mich so sehr vor dem Weg, der sich Schritt für Schritt immer klarer abzeichnet. Und noch viel mehr graut mir vor den Eskalationen, die der wahrscheinlich unvermeidbare Widerstand hervorrufen wird.
Ich war noch nie so nah an Alaska …
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