Zur Abwechslung einmal ein bissi Statistik.
In den bisher 73 Jahren seit Bestehen der Zweiten Republik wurde die Nation von folgenden Regierungs-Konstellationen regiert:
1945 bis 1966: Große Koalition ÖVP/SPÖ (inkl. eine kurze Anfangsphase einer Konzentrations-Regierung gleich nach dem Krieg.) 21 Jahre. Durchgehend ÖVP Bundeskanzler.
1966 bis 1970. ÖVP Allein-Regierung mit absoluter Parlaments-Mehrheit. 4 Jahre. Bundeskanzler: ÖVP.
1970 bis 1983. SPÖ Allein-Regierung. 1 Jahr relative Mehrheit, 12 Jahre absolute Mehrheit. 13 Jahre. Bundeskanzler: SPÖ.
1983 bis 1986. Kleine Koalition SPÖ/FPÖ. 3 Jahre. Ende durch Haider-Putsch in der FPÖ. Bundeskanzler: SPÖ
1986 bis 2000: Große Koalition SPÖ/ÖVP. 14 Jahre. Bundeskanzler: SPÖ.
2000 bis 2006: Kleine Koalition(en) ÖVP/FPÖ/BZÖ. 6 Jahre. Bundeskanzler: ÖVP.
2007 bis 2017: Große Koalition SPÖ/ÖVP. 10 Jahre. Bundeskanzler: SPÖ.
Summe: 45 Jahre Große Koalitionen zwischen ÖVP und SPÖ.
31 Jahre ÖVP-Kanzler. 40 Jahre SPÖ-Kanzler.
Die ÖVP war 51 Jahre lang in Regierungs-Verantwortung (Summe aller Konstellationen).
Die SPÖ 61 Jahre lang (Summe aller Konstellationen).
Diese Zahlen geben klare Auskunft: Die beiden Parteien haben 45 Jahre lang gemeinsam das Land regiert. Die SPÖ stellte in der Zweiten Republik 9 Jahre länger den Kanzler, als die ÖVP. (Das liegt wesentlich an den Kreisky-Jahren).
Das am Stammtisch gefühlte Resumee: SPÖ-Kanzler = SPÖ-Regierung. Und das OHNE Kanzler-Richtlinien-Kompetenz, wie sie in Deutschland existiert.
Mit Ausnahme der 12 Jahre Kreisky mit absoluter Mehrheit hatte die SPÖ trotz Kanzlerschaft nie die Macht, ihre politischen Vorstellungen ungehindert durchzusetzen. Im Gegenteil: Die Großen Koalitionen – auch jene mit ÖVP-Kanzlern – waren allesamt darauf angelegt, die Durchsetzung der spitzesten Absichten des Partners zu verhindern. Wer nun behauptet, die jeweilige Kanzler-Partei hätte doch entweder die Macht gehabt, Besseres zu bewirken oder so viel Schlechtes angerichtet, hat nicht verstanden, wie Österreich funktioniert. (Oder will nicht verstehen.)
Mein (durchaus enden wollendes) Mitgefühl mit der ÖVP: Es ist nachvollziehbar nicht lustig, so lange Zeit hindurch das „Vize“ vor dem Kanzler führen zu müssen. Da kann man sich jetzt ein Beispiel beim amtierenden Vize nehmen: Der freut sich wie ein Schneekönig, dass er es ist …