Ferndiagnose.

Ich habe beruflich naturgemäß außergewöhnlich oft und viel mit Menschen zu tun. Ein befreundeter Coach hat mir wegen meiner enormen Freude an dieser Tätigkeit schon vor vielen Jahren den Ehrentitel "Humanizer" verliehen. (Auf diesen Titel bin ich wirklich sehr stolz. Vielleicht schaff ich ja noch den "Professor" - das braucht man als Wiener einfach im Kaffeehaus.)


Zum Ehrenkodex seriöser Coaches zählt selbstverständlich die strikte Distanz zu Diagnosen aus der Ferne. Erst recht, wenn man die betreffenden Personen persönlich gar nicht kennt. 

Aber ein anderes Werkzeug ist erlaubt und dessen möchte ich mich heute bedienen: 

Die Frage. Und - ganz wichtig - die offene Frage. Also Fragen, die man nicht mit "Ja" oder "Nein" beantworten kann. (Sogenannte W-Fragen). Und dann für Feinspitze: Keine "Warum/Wieso/Weshalb"-Fragen, weil die die Empfänger als Angeklagte positionieren.


Probier mas amal. 


Herr Bundeskanzler: Was wollten Sie als kleiner Bub beruflich werden und was hat Sie davon abgehalten, sich diesen Wunsch zu erfüllen? Wie fühlt man sich eigentlich so am Ballhausplatz - dort, wo Figl und Raab regierten, oder - muss leider sein - auch Kreisky? Welche Gedanken machen Sie sich abends, wenn alles zur Ruhe gekommen ist und Ihnen auffällt, dass schon wieder jemand ärmer geworden ist, seit Sie regieren? Und wie ist das eigentlich, wenn Menschen, die objektiv dümmer sind, als Sie, sich so penetrant immer wieder durchsetzen dürfen?


Herr Vizekanzler: Was sagt denn Ihre Frau, jetzt, wo Sie's so weit gebracht haben? Wie fühlt es sich an, garantierte Fernsehzeit zu haben und wann immer es Ihnen danach ist, jeden nur erdenklichen Müll absondern zu dürfen? Und - was mich persönlich sehr interessiert: In welcher Sprache kommunizieren Sie denn mit Ihrem Freund Salvini oder mit Madame Le Pen? 

Wie macht man das, wenn man mit der deutschen Grammatik schon so auf Kriegsfuß steht - welche Dolmetscher kommen da noch mit? Und dann noch diese Frage: Welchen Wert auf der Dol-Skala (das ist eine Skala von 0 bis 10, auf der man das subjektive Schmerz-Empfinden angibt) erreichen Sie, wenn Sie sich den unfassbaren Blödsinn Ihrer Sozialministerin anhören? 


Na und dann noch eine Frage an die Damen und Herren in der Opposition. 

Was glauben Sie: Wie lange hält es das Land noch aus, dass die Regierung so ganz ohne Gegenwind so sein kann, wie sie eben ist?


Jetzt bin ich doch tatsächlich ganz streng bei den sogenannten W-Fragen geblieben! 

Da müsst doch jetzt allmählich amal der "Professor" drin sein...