Denkmäler. Max Platzer.

Max Platzer ist kurz vor Jahreswechsel gestorben. Auch wenn ihn viele besser kannten, als ich, wage ich zu behaupten: Max war mein Freund. Wir kannten einander seit 40 Jahren.

Als Student habe ich mich mit allem Respekt bei seiner Mutter vorgestellt, weil wir ein Publizisten-Fest in der damaligen „Schilfhütte" veranstalten wollten. Frau Platzer hat mich gnädig an ihren Sohn Max weiterverwiesen. Max Platzer war damals der designierte Nachfolger seiner Mutter, der in dritter Generation das „Café Weimar" übernehmen sollte. Im 9. Bezirk, ein paar Meter von der Volksoper entfernt, war das Weimar schon damals eine Legende gewesen. Als Max und ich das erste Mal Kontakt hatten, stand mir ein schlaksiger, bisschen unsicherer Mann Mitte 20 gegenüber. Es war der Beginn unserer Freundschaft. Noch zu Lebzeiten seiner Mutter machte er aus der Schilfhütte die „Palme“. Eine nach eigener Definition „Club Discothek", die damals, Anfang der 80er, zu einem Magneten für alle geworden war, die wirklich gute Musik in wirklich gutem Ambiente mit wirklich coolen Leuten genießen wollten. Ich habe in der Palme meinen besten Freund kennengelernt. Und meine erste Frau. Ich habe dort alles gefeiert, was es in meinem Leben zu feiern gab. Geburtstage, Polterabende, Promotion, Agenturabschiede und die Hochzeit mit meiner wunderbaren Gabi. 

Den 50er und den 60er. 

Ohne Max wäre das alles nicht passiert. 

Er war ein Qualitäts-Fanatiker der Extraklasse. Kein Detail blieb ihm verborgen. Mit manchmal sehr harter Gutsherrenart hat er sein Personal herumkommandiert, nur um sicherzustellen, dass alles passt. Er hatte ein butterweiches Herz, in dem die wildesten inneren Konflikte tobten. Mit größter Loyalität begleitete er Menschen, die ihm etwas bedeuteten, mit gnadenloser Erinnerung konnte er nachtragend sein. Ich sehe ihn vor mir, wie er mich zur Feier meines 50ers mit einem Blumenstrauß empfing und mir mit Tränen in den Augen dankte, dass ich mein Fest bei ihm ausrichtete. Mit großer Aufregung hat er meine Frau Gabi vorgestellt, als sie im Weimar eine Lesung aus einem ihrer Bücher veranstaltete. 

Max war der Erfinder des „Kaffeesiederballs". Ich bekenne mich zu dieser historischen Ungenauigkeit. Natürlich gab es den Ball auch schon, bevor Max sein „Präsident" geworden war. Aber ER hat diese damals recht nette Veranstaltung zu DEM wienerischsten Ball gemacht, der zu einem Magneten für Besucher aus aller Welt geworden ist, ohne seine Wienerische Authentizität zu verlieren. Wenn der mittlerweile vom schlaksigen Jüngling zum stattlichen Kommerzialrat gewachsene Max Platzer im Frack die tausenden Gäste begrüßte, dann spürte man sein Lebenswerk pulsieren. Dass ausgerechnet dieser Ball sein tragisches wirtschaftliches Schicksal besiegeln sollte, ist schwer zu verstehen und kaum auszuhalten.

Wenn mein bester Freund und ich unsere zahlreichen Abende im Weimar und der Palme starteten, wurde die allgemeine Lage immer mit Max besprochen. Dabei mussten wir immer wieder in uns hineinlachen, wenn Max über die Knausrigkeit der Banken klagte, die ihm ab und zu den Geldhahn abdrehen wollten. Heute, als Selbstständiger, kann ich ihm das nachfühlen. Max hat mit größtem finanziellen Aufwand immer wieder das Kaffeehaus und die Palme auf Hochglanz gehalten. Es muss ihm unglaublich weh getan haben, wenn er sich notwendige Reparaturen einfach nicht leisten konnte. 

Als es ihm wirtschaftlich schon sehr schlecht ging, waren wir beide in der „Cantinetta Antinori" essen. Wir hatten einen höchst vergnüglichen Abend, haben Leute „ausgerichtet", uns mit Anekdoten hochgejubelt, Tränen gelacht und zwei Flaschen Brunello ausgetrunken. Man konnte so schön blöd sein mit ihm. Er hatte ein Herz wie ein Ballsaal. 

Zu meinem 60er konnte ich nicht anders: Ich „musste" das Fest im „Weimar“ veranstalten, obwohl es einen anderen Besitzer hatte. Max konnte nicht kommen, er hätte es nicht übers Herz gebracht. Wir wollten wieder in die Cantinetta gehen, um nachzufeiern.

Hab ich nicht mehr rechtzeitig organisiert. Verzeih mir, Max! 

Du bist und bleibst der Inbegriff des Cafetiers. Und die Verkörperung des Kommerzialrats. Der wilde, liebe, strenge, verrückte, ganz besondere, wunderbare Max Platzer.

Lass es Dir gut gehen, da wo Du jetzt bist. Und lass Dich bedienen.