"Papa, spiel mit mir!" Der 3-jährige Paul steht vor mir und lacht mich an. Ich sitze am Sessel beim Küchentisch. Grade nach Hause gekommen. Nach einem beschissenen Tag in der Agentur. Noch im Anzug. Fix und fertig. "Pauli, ich bin so müde, ich kann nicht. Ich muss erst einmal ein bissi verschnaufen." "Papa, ich hab den ganzen Tag auf Dich gewartet. Spiel mit mir!" "Pauli, bitte ..." "Papa, gib mir Deine Hand. Steh auf und komm mit mir." Er nimmt meine Hand. Ich stehe auf. Er führt mich zum Kinderzimmer. Wir stehen genau unterm Türstock. Er sagt: "Papa, mach einen Schritt mit mir." Ich spüre seine Hand in meiner, den Druck, den auszuüben sie imstande ist. Ich mache mit ihm einen Schritt nach vorne. Wir stehen im Kinderzimmer. Von unten höre ich seine Stimme. Sie geht mitten in mein Ohr und von dort ohne Umweg in mein Herz: "So, und jetzt bist Du ein Kind." Er gibt mir seinen kleinen Kindersessel. Ich setze mich drauf. Schaue zu, wie er Legosteine zusammensetzt. Komme zur Ruhe. 20 Jahre später. Zeit, in Dankbarkeit ein paar Atemzüge zu machen. Dafür, ein Kind werden zu dürfen. Ein Vater werden zu können. Sein zu können! Mit einer blassen Blaupause als Masterplan. Der sich mit den Jahren konkretisierte. Und Erinnerungen freilegte an den eigenen Vater. Der schon lange nicht mehr da ist und doch täglich präsent. Dankbarkeit. Für die Geduld meiner Kinder. Mit mir. Mit ihren Müttern. Für die Freude, die unglaubliche, bei drei Geburten. Für das Gefühl, das sich ums Herz legt wie ein Panzer: Alles, was Du ab sofort tust und nicht tust, graviert sich in die Festplatte dieser Winzlinge ein. Mit den Jahren wird der Panzer ein Schutzschild.
Du denkst Dir: Solange meine Kinder mich lieben, bin ich in Sicherheit. Dann kommt der Moment, wo die Älteste sagt: "Seit Du mit Gabi lebst, bist Du wieder der Papa, den ich liebe." Und die Jüngste steht bis in die Morgenstunden Wache, damit sich nur ja alle Hochzeitsgäste im Gästebuch mit einem Eintrag verewigen.
Und Dankbarkeit - nein, keine Dankbarkeit - Erleichterung, dass die durchwachten, schlecht geschlafenen Nächte irgendwann ein Ende hatten. Schlaflos. Sorgen. Schule. Seltsamkeiten. Ratlosigkeit. Loslassen müssen. Hilflosigkeit als Distanz umdenken müssen.
Neue Positionen suchen und mühsam finden. Neue Anfänge suchen in der Kontinuität. Und die Liebe. Die Liebe, die immer da ist. Nicht ausschaltbar. Im Referenzrahmen der Abgrenzung und der Klärung und der Klarstellung. Die bedingungslose Liebe.
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