Kooperieren kann man nur mit offenen Händen. Nicht mit dem Ellenbogen.

 

Offene Hände signalisieren einen offenen Geist, tragen keine Waffen und sind bereit,

 

zu geben und zu nehmen.

 

 

 

Der große Autor Yuval Noah Harari beschreibt in seinen Büchern (zum Beispiel

 

„Homo Deus“ oder auch „Eine kurze Geschichte der Menschheit“) das wesentlichste Kriterium, das intelligente Lebensformen, die von ebensolchen Lebewesen betrieben werden, von weniger ausgereiften unterscheidet: Kooperation.

Kooperation unterscheidet uns vom schlichten Einzelkämpfer, Zusammenarbeit ist eben mehr als die Kumulation partikularer Interessen und Begabungen. Es ist der kreative Umgang mit unterschiedlichen Ressourcen, die intelligente Suche nach Schnittstellen und Schnittmengen, die Offenheit für Verschiedenheit und die Bereitschaft, den Verdacht zuzulassen, der andere Mensch könnte mit seinem Zugang mein eigenes Ziel bereichern und unterstützen.

Über tausende von Jahren haben diese Tugenden zur Weiterentwicklung des Menschen beigetragen. Leider – und das lässt sich nicht negieren – auch die Fähigkeit (und die Bereitschaft!) des Menschen, Mittel und Maßnahmen zu erfinden, die zur Auslöschung jenes Teils der Menschheit beitragen sollen, der nicht kooperieren will und den man als Kooperationspartner ablehnt.

Ohne in die Sorge um den Untergang des Abendlands kippen zu wollen, darf man sich trotzdem Gedanken machen, wie sorgsam wir aktuell mit dem Schatz der Kooperation umgehen.

Eine Fahrt mit der U-Bahn, ein Blick in Social Media, die Analyse von Auswahlverfahren für Ausbildungen und Jobs oder – ganz simpel – der Le Mans-Start um die Liegestühle am Urlaubspool zeigen uns, wie leicht es uns gelingt, die DNA unserer Evolution zu verdrängen. Und nun können wir erkennen, wie polar sich die Entwicklungen abspulen:

 

Während agile Arbeitsmethoden in bester Absicht und mit intensiv betriebenen Methoden versuchen, neue und lustvolle Formen der Zusammenarbeit in die Praxis zu bringen, degenerieren gesamtgesellschaftlich die entscheidenden Sinnstifter wie Aufklärung und Solidarität. Die Entkoppelung des einzelnen Menschen vom gemeinsamen Interesse schreitet mit einer solchen Brutalität voran, dass alle Versuche, dem Gegenteil Gehör und Relevanz zu verschaffen, große Gefahr laufen, von der Welle der Banalität verschlungen zu werden.

Übrig bleibt die finstere Schattenseite der Solidarität: Der Hass auf den (vermeintlich!) gemeinsamen Gegner und der Versuch, aus der Schlechterstellung des Anderen einen Vorteil für die eigene Situation zu simulieren. Kooperation als Wesensmerkmal intelligenten Lebens gerät zur Überlebensfrage einer unachtsam gewordenen Menschheit.

 

Kommentar schreiben

Kommentare: 3
  • #1

    Robert Dengscherz (Dienstag, 02 April 2019 09:06)

    Nachdem ich in der Zeit, schon vor längerem, eine Kritik gelesen habe und er jetzt bei dir öfter vorkommt, habe ich mir jetzt auch den Harari gekauft. lgR

  • #2

    Franz Halmer (Dienstag, 02 April 2019 10:28)

    Liest sich natürlich auch besser. Eindeutig das bessere "Format" für Deine Texte!

  • #3

    Ulli (Dienstag, 02 April 2019 22:05)

    Danke für die Erinnerung, das Buch hat mir ein lieber Kollege schon ans Herz gelegt...