Eines der ultimativen Symbole gut- und spießbürgerlicher Saturiertheit der 50er und 60er-Jahre ist das "Belegte Brötchen".
Es war der Inbegriff kleinkulinarischer Raffinesse. Die Hausfrau von Welt ließ es sich ein persönliches Anliegen sein, die p.t. Gäste mit den ziseliertesten Exzessen gastronomischer Kleinkunst zu verwöhnen.
Das klassische belegte Brötchen hatte eine Grundlage aus schräg geschnittenem weißen Wecken. Die einzelnen Scheiben wurden mit Margarine bestrichen - damals sehr modern!
Und dann kam oft als Bodendecker eine Scheibe Schinken. In einer Ecke zierte eine kunstvoll gefächerte Essiggurke das schräge Rund. Dann thronte oben das Prunkstück: eine sorgfältig zum Trichter gedrehte Scheibe Salami (in guten Häusern natürlich nur die echte ungarische!).
Im Inneren des Salami-Trichters wurde mit viel Feingefühl ein Tupfer Mayonnaise platziert. Oder ein Perlzwieberl. Oder ein Teelöffelchen Fake-Kaviar.
Dann war sicher noch Platz für eine Scheibe gekochtes Ei. In der Mitte des Dotters residierte eine Kaper. Und oben drauf war sicher noch Platz für ein Zweiglein Petersilie.
Weitere Varianten: Lachs. Aus der Dose. Leider nicht ganz echt. Irgendein rosa/orange gefärbter Fake-Fisch - besonders intensiv gepökelt. Oder auch: Räucher-Forelle, hier war die Petersilie Pflicht - oder, sehr speziell, das kleine Dill-Extra.
In anglophilen Haushalten wurde auch die unentbehrliche Sauce Cumberland gereicht, meist zur Leberpastete. Vom Fleischhauer, bitte, nicht aus der Dose.
Und zum Schluss die Krönung gehobener kalter Küche: Das russische Ei. Eine Cholesterin-Attacke, die man heute nur mit angeschlossener Intensiv-Station genießen dürfte.
Irgendwie haben wir das alles überlebt.
Und hatten keine Ahnung, was Gluten sind und ob man sie auf der ersten oder der zweiten Silbe betont. Daran hat sich bei vielen bis heute nichts geändert.
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Christian (Donnerstag, 18 April 2019 00:48)
:-)))
<3
Elfi (Donnerstag, 18 April 2019 14:00)
hehe :-)
Robert Dengscherz (Sonntag, 28 April 2019 23:16)
:)))