Realistisch.

Ganz realistisch.

Die SPÖ hat es zuletzt 1970 geschafft, einen ÖVP-Kanzler aus EIGENER Kraft abzulösen.

Das Ende der Ära Schüssel entstand durch die außer Rand und Band geratene Hybris Schüssels und durch die im Vergleich zu türkis/braun geradezu romantischen sozialen Verschlechterungen. Bei der Wahl nach Schüssel II hatte die SPÖ genau gleich viele Stimmen wie 2002 und Schüssel fiel von über 40% hinter die SPÖ zurück. So und nicht anders wurde Gusenbauer Kanzler (ich sehe noch sein perplexes Gesicht bei der ersten Hochrechnung). 

Nun ist Kurz für kurze Zeit aus dem Amt gehoben. Weil sich sein strunzdummer Koalitionspartner vergogelt hat und weil Kurz kein Krisenmanagement beherrscht (das war auch bei anderen Krisen schon so). 

Kurz ist an Strache und an Kurz gescheitert. 

In dieser Reihenfolge. Nicht, weil die SPÖ ihn ausgehebelt hätte.

Nun dürfen wir für kurze Zeit eine ungeahnte Hochblüte des Parlamentarismus erleben, bis etwa zum Jahreswechsel wieder eine Regierung traditionellen Zuschnitts übernimmt. Und mit ihr die Agonie des Klubzwangs und des blindwütigen Niederstimmens der Opposition.

Diese Regierung wird mit allergrößter Wahrscheinlichkeit wieder einen Bundeskanzler Kurz haben. 

Und bei Göttin, ich wünschte, ich hätte unrecht. Jede Alternative ist so lange höchst unwahrscheinlich, solange Kurz nicht über sich selbst stolpert. Ich würde ihm ein halbwegs verletzungsfreies Hinfallen durchaus wünschen, wenn das Ergebnis in seinem Ausscheiden aus der österreichischen Politik bestünde.

Ein anderes Szenario zu seiner Ablöse übersteigt meine Fantasie. 

Und seit kurzem ahne ich auch, warum er sich halten wird. Weil es im Unterschied zu früher wirklich eine so stark ausgeprägte eklige Neidkultur im Land gibt, dass selbst die nun so wunderbar im freien Spiel der Kräfte etablierten (sozialen) Verbesserungen den Empfängern nicht gegönnt werden.

Ich halte ordentliche Wetten, dass Kurz dieses Intermezzo auch wieder revidieren wird, ohne daran Schaden zu nehmen.

Die Sucht nach der Selbstschädigung hat sich mit einer abgrundtiefen Indolenz gepaart. Das werden wir noch umfangreich ausbaden. 

Netto: Kurz scheitert an Kurz. Oder gar nicht.

Und Kurz II wird alles in den Schatten stellen, was wir schon erlebt haben. Denn die Rache ist ein beschissenes, aber hochwirksames Motiv. Die SPÖ wird für lange Zeit eine nostalgische Randerscheinung bleiben ...

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