Splitter.

Wenn Kurz die Bergretter würdigt und die Seeretter verurteilt, ist das für ihn und seine Fans vollkommen normal. (Auch wenn sehr gute Karikaturen darüber im Umlauf sind.)

In den Bergen werden ja schließlich nur depperte Halbschuhtouristen gerettet und nicht anlassige "Wirtschaftsflüchtlinge", die "unsere" Frauen vergewaltigen wollen und die eigenen in Burkas einsperren. 

Alle relativierenden Kommentare gehen ins Leere, weil sie im türkis/braunen Lager nur auf kopfschüttelndes Unverständnis stoßen und ansonsten die Bekehrten motivieren.


Das unumstößlich unverhandelbare Motiv der Türkisen ist und bleibt: Nie wieder die Sozen an irgendeinen Hebel lassen. (Das haben alle bereits verstanden - am liebsten natürlich die Türkis-Wähler - nur die Sozen nicht, die immer noch glauben, dass sie unter einem Kanzler Kurz mitregieren dürfen.) Wie sehr Kurz die Sozen hasst, kann man gut erkennen, wenn man seine Kommentare zu ausländischen Wahlergebnissen anschaut. Als Macron gewählt wurde, war für Kurz unwichtig, 

dass die französischen Faschisten auf Distanz gehalten wurden. Sein wichtigster Kommentar: Die Sozialisten wurden abgewählt. Als Weber nicht Kommissionspräsident wurde, sagte Kurz: "Hauptsache, (der Sozialdemokrat) Timmermans wird es nicht."


Es gibt eine Allegorie, da kann ich mich sogar in ihn hineindenken: Wenn er Faymann so sehr ablehnt, wie unsereiner ihn, dann versteh ich ihn. Denn acht Jahre Faymann in ihrer intellektuellen Verarmung und konzeptionellen Leere haben wahrscheinlich erst wirklich den Boden aufbereitet für einen Emporkömmling wie Kurz.


Faszinierend: Beide - Kurz und Faymann - sind Bildungsversager. Beide haben nie einen "Zivilberuf" ausgeübt. Beide haben die Infrastrukturen ihrer Parteien genützt, um "etwas zu werden". Beide haben den Boulevard auf das Peinlichste instrumentalisiert (Man erinnere sich: "Tiere würden Faymann wählen.").


Der große Unterschied: Faymanns rhetorisches Talent war ausgesprochen schwach und er hatte bei weitem schlechtere Berater. Ein zweiter Unterschied: Die doch stabile sozialdemokratische Sozialisation Faymanns verhinderte inhumane Exzesse, denen sich Kurz ganz unbekümmert hingibt.


Beobachtung: Gestern habe ich eine Geschichte über eine syrische Flüchtlingsfamilie und ihre wunderbaren Unterstützer in Österreich geschrieben. 

Ganz viele Likes auf Facebook und auch auf LinkedIn. Von den wenigen türkisen Freunden, die mir geblieben sind, konnte sich keiner zu einem Like aufraffen.

Wie hart müssen Prinzipien werden, dass nicht einmal eine solche humanitäre Erfolgsgeschichte anerkannt werden kann...

Kommentar schreiben

Kommentare: 3
  • #1

    Renate Skoff (Montag, 08 Juli 2019 17:36)

    Gell, Hannes, du mogst den Basti gar net ���?

  • #2

    Marion (Montag, 08 Juli 2019 19:13)

    Großartig. Inhaltlich und natürlich schreibstilmäßig. Super Hannes. 100Prozent deckungsgleich wirh my mind ;-)))))

  • #3

    Georg Paulusberger (Montag, 08 Juli 2019 22:20)

    Michael Köhlmeier nennt Sebastian Kurz in einem Interview charismatische bzw. dass er auf sehr viele Leute eine solche Ausstrahlung hat.
    Eine Amöbe hat auf mich mehr charismatische Wirkung. Und ich meine das nicht nur ironisch.
    Ernstgemeinte Frage: Haben Sie für diese Wirkung eine Erklärung?