Transaktions-Analyse. Kurz.

Die Transaktions-Analyse ist sehr vielen Menschen gut bekannt, auch wenn sie dieses wunderbare Modell der Wirkungsforschung zwischenmenschlicher Kommunikation unter diesem Titel gar nicht kennen.


Da gibt es die drei Ich-Zustände: 

Das Eltern-Ich, 

das Erwachsenen-Ich 

und das Kind-Ich.


Beim Eltern-Ich gibt es wiederum das kritische und das gütige Eltern-Ich.

Beim Kind-Ich haben wir das trotzige, das angepasste und das freie Kind.  

Per se ist jeder dieser Ich-Zustände wertneutral, es kommt immer darauf an, bei welcher Gelegenheit und wie wir ihn einsetzen.


Das kritische Eltern-Ich zum Tadeln, das gütige zum Loben und Trösten.


Das trotzige Kind zum Nein-Sagen, das angepasste Kind für die Gesetze der Höflichkeit, das freie Kind für den Mut, die Kreativität und die Risikobereitschaft. 


Das Erwachsenen-Ich für die Augenhöhe, den Respekt und die Sachlichkeit. (Da wollen alle hin, vergessen aber, dass der Weg dorthin meistens über einen der anderen Ich-Zustände führt, weil wir eben nur auf einer passenden Beziehungsebene auch sachlich weiterkommen.)


Politische Auseinandersetzungen eignen sich hervorragend, nach transaktionsanalytischen Kriterien analysiert zu werden.


Nehmen wir doch gleich passenderweise Sebastian Kurz. Der bewegt sich mit Vorliebe auf der Ebene des Kind-Ichs. 

Seine Manieren und seine Körpersprache signalisieren ein gutes Quantum "angepasstes Kind". Sein Verhalten im Parlament, wo er gerne Handy-Spiele spielte, könnte vordergründig in Richtung "freies Kind" interpretiert werden, steht aber wahrscheinlich eher für schlicht kindisch und nicht kindlich. 


Der Mut, die Kreativität und die Risikobereitschaft des freien Kindes lassen sich am ehesten noch in seiner Neigung zur Intrige und zum Abservieren missliebiger Vorgänger oder parteiinterner Mitbewerber erkennen und der Tendenz zur Unwahrheit.

Das wären dann allesamt sehr stark irregeleitete Anwendungen des freien Kindes, das sich im positiven Fall durch Erfindungsgeist, Experimentierfreude und positive Weltsicht auszeichnet. 


Angstmache (Flüchtlingswelle! Islamismus! Sozialschmarotzertum!) und Verschwörungstheorien (Silberstein! Silberstein! Silberstein!) sind die hässlichen Facetten einer Fantasie aus dem freien Kind, die doch sonst so erfrischend sein könnte.


Wenn man nun einem solch "höflichen Kommunikator der Unwahrheit" dieses Verhalten vorwirft, reagiert er erwartbar mit dem trotzigen Kind und beschwert sich, "angepatzt" zu werden. 

Diese Vokabel - von Kurz schon 2017 eingeführt und seitdem unermüdlich angewendet, hat mich von Anfang an irritiert. 


Schon beim ersten Mal, als Kurz sie verwendete, sah ich einen kleinen trotzigen Jungen in der Sandkiste, der von einem anderen Kind mit nassem Sand beworfen worden war und jetzt schreit: 

"Mama, der Karli hat mich anpatzt!" 

Das ist die kindische Seite des kindlichen Ichs. 


Bislang sind Journalisten und politische Mitbewerber mit diesem Verhalten so umgegangen, dass sie reflexartig auf die sachliche Ebene des Erwachsenen-Ichs geflüchtet sind, um von dort die schlimmsten Verwüstungen an der Wahrheit zu reparieren.

Der Effekt war überschaubar. 

Kurz flüchtete sofort ins angepasste Kind, bezichtigte alle anderen des schlechten Benehmens und praktizierte den Stimmbruch-Schwiegersohn-Reflex, bei dem alle konservativen Muttis und Vatis sofort ihre schützenden Hände über ihm ausbreiten wollten. 


Ich frage mich: Wäre es nicht einen Versuch wert, dem mit der Wahrheit spielenden Sebastian endlich einmal aus der Position des "kritischen Eltern-Ichs" zu begegnen?


Indem man - wörtlich zu nehmen! - zu ihm sagt: "So, jetzt nimmst einmal ein Blatt Papier und einen Stift zur Hand und jetzt schreibst einmal auf, wie viele Schmarotzer es sich tatsächlich in einem Jahr in der sozialen Hängematte bequem gemacht haben. 

Und wenn Du lügst, schreibst Du die Rechnung gleich einmal 100 mal. 

Und dann bringst mir das Gesetzbuch, wo steht, dass man am Ende einer Amtszeit Festplatten schreddern darf. Und wennst das nicht findest, schreibst den Passus, wo steht, dass sowas verboten ist, auch gleich 100 mal. 

Und dann machma noch eine Rechnung: 

Von der angepeilten Patientenmilliarde ziehst jetzt amal alle Kosten aus der Zusammenlegung der Sozialversicherungen ab. Und dann die Sitzungsgelder von den türkis/blaunen Funktionären, die Du da reingestopft hast. Und dann tun ma noch zsammzählen, was Deine PR-Fritzen gekostet haben. Nicht Dein Geld, sondern das Steuergeld, das Du dafür ausgegeben hast. Und dann zählst amal zsamm, wie viel Mindestsicherung und Heizkostenzuschüsse man von all dem schönen Geld bezahlen könnte."


In sehr kurzer Zeit würde dann der liebe Basti nicht als einer dastehen, den der böse Karli anpatzt hat, sondern als der Rotzbua, der ein Fenster eingeschossen hat und seinen Spielkameraden bezichtigt. 


Für den Kanzler tät sowas nicht reichen.  

  

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Kommentare: 2
  • #1

    Thomas Liedl (Freitag, 26 Juli 2019 17:17)

    Ich hau mich ab, großartig Hannes!

  • #2

    Gertrude Weingerl (Samstag, 27 Juli 2019 13:56)

    Das wäre das pos. kritische EL. Momentan folgt er noch dem neg. fürsorglichen EL. Schüssel sagt ihm:Ich hab dich so lieb. Ich fördere dich. Mach es genau wie ich 2008. Du wirst sehen, du wirst reich!
    Oder so ähnlich.