Gemeinwohl.

Ein zentraler Begriff, der mich bei der Arbeit an meiner Dissertation ständig begleitet und beschäftigt hat. Wie der Name schon andeutet, geht es dabei nicht um die Verwirklichung oder Durchsetzung von Partikular-Interessen, sondern um die Findung eines möglichst breiten Konsenses, der niemanden unglücklich zurücklässt. Ich habe aus Wikipedia zwei auf den ersten Blick durchaus gegenläufig anmutende Sichtweisen herausgesucht, 

die sich erstaunlich nahe sind. 

Zuerst die Perspektive der "Katholischen Soziallehre", dann die Sicht des dem Vatikan nicht so zugewandten Jürgen Habermas.


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Die katholische Soziallehre, in der Gemeinwohl ein zentrales Sozialprinzip ist, basiert auf einer metaphysisch gefüllten Idee vom Gemeinwohl, das einem übergeordneten, vernünftigen und göttlichen Interesse (dem bonum commune – vgl. Thomas von Aquin) entspricht. Diesem Ziel ist sowohl das Handeln Einzelner als auch der Gemeinschaft verpflichtet, indem sie nach sozialer Gerechtigkeit streben. So schaffen sie die wahre Gemeinschaftsordnung und gewährleisten dadurch das Gemeinwohl. 

Seit die neuere kirchliche Sozialverkündigung die Bedeutung eines internationalen Gemeinwohls stärker berücksichtigt, deckt sich dieser christliche Universalismus weitgehend mit den Gedanken eines säkularen Menschenrechtsethos.


Nach der Diskurstheorie von Jürgen Habermas kann das Gemeinwohl im herrschaftsfreien Diskurs, der auf den Ausgleich der unterschiedlichen Interessen abzielt, 

über Einsicht bestimmt werden. 

Voraussetzung ist, dass über die Spielregeln, unter denen der Konflikt der verschiedenen Interessen ausgetragen wird und die Teil des oben genannten, allgemeinsten Normensystems sind, ein einsehbarer Konsens besteht. Außerdem ist dafür wichtig, dass kein relevantes Interesse vom „Markt des Ausgleichs“ ausgeschlossen ist.


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Es ist durchaus erstaunlich, dass das "Gemeinwohl" in Österreich in den letzten paar Jahren in keinem Diskussionsbeitrag irgendeines relevanten politischen Akteurs aufgetaucht ist. Und auch Journalisten fragen nicht (mehr) danach. 

Dabei wären die Frage "Wie hältst Du's mit dem Gemeinwohl?" und die darauf folgenden Antworten sehr erhellend in Bezug auf das Menschenbild der Wahlwerbenden...

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