Mischkulanz.

Menschen, die sich dem Pensionssystem vorsichtig nähern und solche, die schon darin angekommen sind, werden sich an ein historisches Kleinod des Wirtschaftswunder-Fernsehens erinnern: "Quiz 21" - in Vorkriegs-Qualität und souverän moderiert vom unvergleichlichen Rudolf Hornegg. 

Dieser Grandseigneur hatte ein Kunstwort geschaffen, mit dem er das artistische Mischen der für den Quiz-Verlauf unentbehrlichen Spielkarten bezeichnete: Mischkulanz.

Wenn man diesen Ausdruck googelt, stößt man auf Hornegg und seinen Fernseh-Klassiker. 

Bei einem meiner jüngsten Facebook-Postings ist mir der Begriff reingerutscht und seitdem begleitet er mich in Momenten der Pausen oder der Nachdenklichkeit.

Da sind zwei Begriffe drin enthalten, deren menschliche Wertigkeit einem dramatischen Prozess der Polarisierung ausgesetzt ist: 

Mischung und Kulanz.

Beides bei ganz bestimmten Personen, die über ein striktes Weltbild der Verengung verfügen, sehr verpönt. 

Mischung im Extrem-Fall verstanden als "Bevölkerungs-Austausch". Kulanz desavouiert als Beliebigkeit und "Willkommens-Klatscherei".

Ich selbst bin das Resultat einer böhmisch-ungarischen Mischkulanz und doch recht sicher, ein halbwegs erträgliches Mitglied der abendländischen Gesellschaft geworden zu sein. Und meine Kinder profitieren ebenfalls von den Segnungen durchaus gewagter Familienwurzeln und erfreuen sich eines wachen Geistes und menschenfreundlicher Herzen. (Es heißt ja oft, dass die Hunde-Promenaden-Mischungen intelligenter und munterer sind, als so manches hochgezüchtetes reinrassiges Ausstellungs-Exemplar.)

Natürlich habe ich auch den Begriff "Kulanz" gegoogelt. Dabei stößt man auf die folgende Definition: 

"Unter Kulanz versteht man das freiwillige Entgegenkommen zwischen Vertragspartnern im Geschäftsverkehr, ohne dass hierzu eine besondere Rechtspflicht besteht.
Entgegenkommend, großzügig, gefällig."

Mit Begriffen dieser Art tun sich manche schon seit ein paar Jahren schwer und haben es zur "Belohnung" bis in Regierungsämter geschafft. 

Freiwilliges Entgegenkommen, Großzügigkeit.

In einem beunruhigend großen Teil der Gesellschaft seltsam unvertraut geworden und bei ängstlichen Gemütern bedrohlich anmutend.

Bei den Zeitgenossen mit heiterer Zuversicht und souveräner Gelassenheit hingegen die Geschäftsgrundlage für ein gelungenes Leben im Geiste der Aufklärung und des Fortschritts. 

Die Mischkulanz. Ein altes österreichisches Wort. Nicht aus der "guten alten Zeit" - denn sie war selten gut, aber immer alt. Aber mit einer DNA, die doch eine robustere Selbstverständlichkeit ausweist, dass wir alle das Resultat einer ewigen Osmose sind und erheblich mehr Vorteile als Nachteile aus dieser Mischkulanz ziehen. 



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