Nächste Woche.

Rot. Trotzdem. 

Ich fürchte, Land und Leute haben nichts aus Ibiza und 17 Monaten vorher gelernt.

Ich fürchte, nächsten Sonntag wird es ein historisches Debakel für die Sozialdemokratie setzen. 

Und ich gehe davon aus, dass die tapfere Pamela Rendi-Wagner in spätestens drei Wochen ihr Amt als Parteivorsitzende zur Verfügung stellen wird. Ich benütze bewusst "tapfer" als Eigenschaftswort, weil Tapferkeit das ausdauernde Ertragen schwieriger Umstände ist. Und genau das hat diese wunderbare Frau geleistet. 

Zugleich hat sie es leider (!) zugelassen, dass schwachsinnige Berater ihr einreden konnten, dass eine Neu-Auflage von Schwarz/Rot möglich wäre, während Türkis/Rot eine chemische Unmöglichkeit darstellt. 

Es ist völlig unmöglich, Schnittmengen zwischen den beiden Lagern zu finden. 

Deshalb wäre eine Doppel-Strategie im Sinne resoluter Angriffe auf Türkis und eines klaren bissigen Gegenkonzepts besser gewesen.

Ich schreibe das nicht 5 vor 12, sondern die hoffnungslose Abwesenheit dieser Strategie hat mich schon im Mai zum Austritt aus der SPÖ gebracht. 

Die Sozialdemokratie wurde von zwei Übeltätern ihrer DNA beraubt: Werner Faymann und Heinz Fischer. 

Faymann, weil er in seiner intellektuellen Armseligkeit den letzten Rest an Inspiration verscheucht hat.

Fischer, weil er als Bundespräsident geradezu einbetoniert stur auf der Konstellation Rot/Schwarz beharrte und dadurch die zarten Keime einer Dreier-Koalition mit Pink oder Grün verhinderte. Der Heinz Rühmann der österreichischen Innenpolitik hat dadurch das Emporkommen der FPÖ und von Kurz geradezu gedüngt. 


Und doch werde ich nächste Woche Rot wählen. Weil ich den Gedanken nicht ertragen kann, dass die FPÖ zweitstärkste Partei wird und ein gaskammernleugnender Burschenschafter zweiter Nationalratspräsident wird. Das ist derart ekelerregend, dass ich zumindest mit meiner Stimme einen minimalen Beitrag leisten möchte, dass diese Position von einem Sozialdemokraten besetzt wird.

Die Roten werden zwar in ihrer Verblendung Doris Bures dorthin setzen, weil sie noch immer glauben, damit eine Startrampe für die Bundespräsidenten-Wahl aufzubauen. Das wird dann der nächste Rohrkrepierer.

Aber diesen Schmerz hebe ich mir für den Moment auf, in dem er dann zuschlagen wird.


Wenn nicht ein fundamentales Wunder in Form des Vetos der Landeshauptleute passiert, wird Kurz wieder mit den Faschisten koalieren. Weil die Abstimmung mit Pink und Grün ja so grauenhaft anstrengend ist ...

Ja. Eh.


Da bleibt einem wie mir wirklich nur die rote Notbremse, um ein Durchschlagen des türkis/faschistischen Unerträglichen zumindest kosmetisch abzumildern. 

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Kommentare: 2
  • #1

    Hermann Schindler (Sonntag, 22 September 2019 06:38)

    Rot zu wählen als Notbremse zu nennen, ist eine wehleidige Haltung. Falls man für eine Gesellschaft, einen Staat, eine Zukunft in Zusammenhalt haben will, kann es nicht anderes geben, falls man möchte, dass die Stimme anteilig in eine Regierung einfliessen soll. Auch wenn es weniger kompromittierte Parteien gibt.

  • #2

    Rosi Grieder (Sonntag, 22 September 2019 06:56)

    Deine Verzweiflung kann ich gut verstehen und ab und zu packt es mich genauso, trotzdem würde ich nie den Teufel an die Wand malen. Unglück, ja, von Menschen gemachte Katastrophen wurden schon oft herbeigeredet. Ich bleibe bis zuletzt optimistisch. Türkisblau darf es einfach nicht mehr geben, daran will ich keinen Gedanken verschwenden, auch wenn du mich jetzt blauäugig nennst.