Es gibt in Österreich keine linke Partei (mehr), die eine realistische Chance auf einen Platz im Parlament hätte. Von einem Sitz auf der Regierungsbank ganz zu schweigen.
Bevor nun die vorhersehbaren Einwürfe kommen, dass es in der zweiten Republik sowieso nie eine genuin linke Partei gegeben hätte: Ja. Eh. Wuascht.
Tatsache ist, dass mit Ausnahme einiger ehrbarer Kommunisten in der Steiermark,
die tun, wovon sie reden, nichts Linkes als PARTEI wahrnehmbar ist.
Das mögen viele durchaus angenehm finden. Andere werden diesen mehr oder weniger (grell)roten Farbklecks im Gesamtbild vermissen.
Systemisch betrachtet, ist dieses Defizit in der Farbpalette ziemlich störend.
Der Mangel an "Links" im Koordinatensystem verschiebt die "Mitte" nach rechts und das Rechte in die Mitte. Klingt paradox, ist aber real gut beobachtbar. Beides sollte für einen gesunden politischen Organismus keine ernsthafte Option darstellen, weil es zu einer Verkürzung der politischen Muskulatur führt, wie man es bei aus den Fugen geratenen Bodybuildern sehen kann.
Aus leidvoller Erfahrung weiß ich, wie schmerzhaft eine verkrampfte Muskulatur sein kann und wie sehr das System dann versucht, in eine - manchmal schon ein bisschen peinlich wirkende - Schonhaltung zu gehen.
So wie bei dem alten Witz, wo sich jemand bei einem schlechten Schneider einen Anzug machen lässt und von diesem "genötigt" wird, sehr verschrobene Haltungen einzunehmen, um den Verschnitt zu kaschieren.
Auf der Straße bewegt sich der arme Kunde dann entsprechend unbeholfen, was Passanten zum Kommentar veranlasst:
"Armer Kerl, aber einen guten Schneider hat er!"
Es ist nun allen Nutznießern dieser linken Lücke auf keinen Fall zumutbar, die endlich aus dem Weg geräumte Konkurrenz selbst wieder aufzupäppeln.
Das muss die schon selbst erledigen.
Und dass die das nicht schafft, ist in Anbetracht der am Horizont unübersehbaren Zeichen schon eine Mischung aus Indolenz und Fahrlässigkeit.
Es ist wohl kaum abzustreiten, dass die ökonomischen Umstände sich (schon wieder) verdüstern werden. Und wenn die sogenannte Realwirtschaft schon keine reale Krise hinkriegt - herbeigeschrieben wird sie allemal.
Und dann werden drei Themen aufknallen:
Migration - wie eh jedes Mal, wenn's knirscht.
Digitalisierung - wie noch nie, dann aber umso heftiger (in Anbetracht des neuen Rationalisierungs-Proletariats).
Klima - weil es sich in der Krise schon gar nicht bessert.
Es gibt zu all diesen Themen keine durchdachte, mutige, nach vorne orientierte linke Ansage. Nur feiges Herumgedruckse vor erkannten Wahrheiten. Oder - noch schlimmer: Dummes Wegschauen und borniertes Verharren.
Ich bin absolut sicher, dass der Dahrendorfsche Sager von der Selbstabschaffung der Sozialdemokratie ein höchst obsoleter Ladenhüter ist.
Die Linke scheitert nicht, weil es für sie keine Themen mehr gibt.
Die Linke scheitert an ihrer eigenen Blindheit und Mutlosigkeit.
In Summe an ihrer thematischen Feigheit.
Und das ist wohl der schlimmste Vorwurf, den man der Linken seit Karl Marx machen kann.