In den 70er Jahren gab es eine Zeit, da war das Rohöl knapp und der Sprit teuer.
Deshalb kam man auf die Idee, den AutofahrerInnen einen autofreien Tag pro Woche zu verordnen. Und so hatten alle ein Pickerl in der Windschutzscheibe, das angab, an welchem Tag der Woche die Karre stehen bleiben musste.
Vati hatte auch eins. "S".
Das hieß nun natürlich nicht S onnberger.
Auch nicht S amstag oder S onntag, denn das wäre SA oder SO gewesen. Es bedeutete Sondergenehmigung. Vati hatte sich eine solche besorgt, damit er das weiterhin tun konnte, was er ohnehin immer tat:
Jeden Tag arbeiten und ins weit entfernte Büro fahren dürfen.
Ausnahme: Die vier Adventsamstage.
Denn damals waren die Geschäfte NUR an diesen Samstagen bis zum Abend geöffnet.
Und damit dieser Ausnahmefall auch gebührend genützt werden konnte, fuhren meine Eltern natürlich erst nach dem Mittagessen rüber in die Linzer Innenstadt, um dort die Weihnachtseinkäufe zu erledigen.
Damit waren sie natürlich erst recht eingekeilt im Pulk all jener, die meinten, dem Mob ein Schnippchen schlagen zu können.
Es war in jeder Hinsicht schweißtreibend.
Ich sehe meine Eltern in den bodenlangen Schaffell-Ledermänteln, die standesgemäß beim ultimativen Ledermodengeschäft "Umgeher" erworben worden waren.
Vati hatte eine Pelzkappe im Breschnjew-Look - diese schiffchenartige Form, die ich jetzt eigentlich schon wieder ziemlich cool finde. Und Mutti trug - ihrer optischen Ähnlichkeit mit der Queen alle Ehre machend - eine Pelzkappe mit nach oben gerundeter Krempe, was ihr genauso schlecht stand, wie der Queen.
Derart für eine Arktis-Expedition gewandet, stürzten sie sich ins Gewühl der Linzer Landstraße, um dort wie gewohnt höchst großzügig einzukaufen.
Mit schweren Einkaufstaschen belastet, schleppten sich die beiden gegen 18.00 wieder durch die Wohnung, um die Schätze in den Kleiderschränken im Schlafzimmer zu verstecken.
Mein Bruder und ich wussten Bescheid.
Je nach Neugier warteten wir wochentags auf sturmfreie Stunden, um die Schränke nach weihnachtlichen Geheimnissen zu durchforsten.
Mein Verhältnis zur Neugier ist seit früher Jugend nachhaltig getrübt. Seit ich mich auf die Suche nach Vatis versteckten Schnaps-Vorräten machen musste, ist mein Entdeckerdrang nach Überraschungen erheblich eingebremst.
Ich weiß gerne, was auf mich zukommt.
Das erhöht entweder die Vorfreude.
Oder schärft die Vorbereitung.
So oder so. Die ohnehin nicht vorhersehbaren Wendungen im Leben halten mich dann ausreichend auf Trab.
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