Nun denn.

Nun werden also die "Grähmien" tagen.

Bei den einen zum gehorsamen Abnicken.

Bei den anderen zum schwierigen Diskutieren.

Zur Zeit sind die Inhalte grade einmal bekanntgeworden. 

Und die banalste Erkenntnis und zugleich beklemmendste Frage lautet:

 

Was muss eigentlich passieren, bis sich Gesprächspartner der Türkisen die Mühe machen, sich nicht nur inhaltlich (das haben die Grünen ganz sicher getan), sondern vor allem taktisch auf die Verhandlungen mit den Kurzen vorzubereiten?

Als Normalverbraucher möchte man sich doch in der Gewissheit suhlen, dass bei den Verhandlungen keine bewusstseinsverändernden Substanzen von den Türkisen in die Trankln der Grünen geschüttet wurden. 

Und als halbgebildeter Beobachter denkt man sich, dass es doch zumutbar sein müsste, eine/n VerhandlungstrainerIn beizuziehen, die gegen sehr gut investiertes Geld ein bissi aufpassen, dass der Tisch, über den man gezogen werden soll, möglichst breit sein möge.

 

Jetzt sind sie also fertig geworden.

Und die bekanntgemachten Inhalte wirken durchaus da und dort verstörend.

Die für mich eklatanteste Irritation rührt aus der offenbar chronisch-notorischen Bereitschaft der Türkisen, auf die Verfassung zu sch...

Kaum hat der ohnehin konservativ aufgerüstete Verfassungsgerichtshof die schlimmsten Verwüstungen von Kurz I weggeräumt, startet der nächste Anlauf durch Kurz II, mit dem für die Demokratie wohl gefährlichsten Sprengstoff der "Präventivhaft" zu zündeln.

Und ob die Grünen dem nun Einhalt gebieten (können), oder nicht, ist weniger relevant, als die unausrottbar böse Energie der Kanzlerpartei.

Was den heimatlosen Linken in mir jedoch rasch zum Downgrade der Verärgerung bringt, ist der Umstand, dass die Sozialdemokraten seit Jahrzehnten außerstande sind, sich selbst aus der Position der Stärkeren gegen "2000 Jahre vatikanische Intrige" (Ernst Wolfram Marboe) durchzusetzen. (Ganz abgesehen von der historischen Schande der wochenlangen Schocklähmung anlässlich des letzten Anlaufs zur Einführung der Präventivhaft.)

 

Und es sieht (derzeit!) so aus, dass auch der wunderbare Krisenmanager in der Hofburg wohl die Kumulation aller Uniformen in türkisen Händen durchwinken wird.

So liegt aus meiner Sicht die bereits jetzt sehr gut erkennbare negative Energie dieser Regierung in zwei Faktoren:

  •  die gewissenlose Unbekümmertheit im Umgang mit der Verfassung
  •  die Arroganz in der Kumulation der waffentragenden Institutionen

Um das zu erkennen, braucht niemand erst einmal den konkreten Handlungsbeweis.

(Ein Argument - "lasst sie doch erst einmal arbeiten" - das sich schon einmal als gefährlicher Rohrkrepierer erwiesen hat.)

 

Es bleiben ein paar wohltuende Lichtgestalten in Person des Außenministers (was für ein Unterschied im Vergleich zu seiner knicksenden Vorgängerin!) und sämtlicher grüner Regierungsmitglieder, denen man taxfrei eine sehr ordentliche politische Heritage unterstellen darf. Alle anderen sind direkt auf den Hl. Sebastian vereidigt.

 

Alle Hoffnungen auf die für die Zukunft elementaren Ressorts wie Bildung und Integration liegen auf meterdickem Packeis. 

 

Am Ende kann man sich für dieses Jahr eigentlich nur die folgenden Ereignisse wünschen:

Ein Schweigegelübde für SPÖ und FPÖ. Für die einen, um das Perpetuum Mobile der Selbstüberlistung zum Stehen zu bringen. Für die anderen, um der politischen Kultur ein Detox des braunen Unrats zu gönnen.

 

Die Pinken mögen - bitte! - weiterhin gut auf die Verfassung aufpassen und bei diesem Themenbereich weit mehr Gehör erhalten, als ihrem Kräfteverhältnis entspricht.

 

Zumindest dürfen wir - vorerst - davon ausgehen, dass das internationale Renommee dieser Regierung einen besseren Start hinkriegt, als das von Kurz I.

Ansonsten gilt: Ja. Eh. 

 

 

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Kommentare: 2
  • #1

    Andreas (Freitag, 03 Januar 2020 18:27)

    Die beste aller mathematisch möglichen Koalitionsvarianten - und mehrheitlich türkise Inhalte sind bei 37% Wählerzustimmung (aktuell eher 40+) nicht verwunderlich. Es möge der Versuch gelingen dass Wirtschaft & Klimaschutz genauso zusammengeht wie Sicherheit & verfassungsmäßige Freiheit. Auch bessere Integration, mehr Transparenz, gezielte Sozialmassnahmen für Familien und Bildungspflicht sind sinnvoll und willkommen. Die grünen Gremien werden dem zustimmen.

  • #2

    Martin (Samstag, 04 Januar 2020 16:33)

    Lieber Hannes, erstmalig bei Deinem Blog gelandet - bin beeindruckt über die fast 100%e Übereinstimmung unserer Anschauungen und danke für die konkrete Schärfe Deiner Formulierungen.Werde ab jetzt mit Aufmerksamkeit Deine Kommentare verfolgen. Herzlich Martin