Aus mehreren Gesprächen mit "dedicated" Türkisen lassen sich ein paar Erkenntnisse ziehen.
1. Türkise glauben wirklich, dass "wir" in Österreich am besten mit der Corona-Krise umgegangen sind. Sie zitieren leidenschaftlich angebliche internationale Vergleichswerte und ignorieren, dass "der Mensch" ein absolutes Leben führt und kein relatives.
2. Türkise gehen mehr als je zuvor davon aus, dass "der Mensch", dem es schlecht geht, sich schon freut, wenn es einem anderen noch schlechter geht.
3. Türkise glauben wirklich, dass den vielen kleinen UnternehmerInnen das Geld aus dem Härtefall-Fonds nur so hinten reingeschoben wird.
4. Türkise sind von einem strukturellen Misstrauen gegenüber allen Arbeitslosen durchdrungen - deswegen sollen die mit entsprechender "Pädagogik" ins Arbeitsleben zurückgezwungen werden. (Hier gelten dann natürlich die statistischen Wahrheiten nicht, dass auf jede offene Stelle 10 Arbeitssuchende kommen.)
5. Türkise sind mit "religiöser" Ernsthaftigkeit davon überzeugt, dass mit
Sebastian Kurz ein vom Schicksal Begnadeter zu uns herabgestiegen ist.
ER hat uns gerettet, ER weiß, wie es weitergeht, IHM müssen wir dankbar sein.
Seine Fehler sind verzeihliche "Ausrutscher", die seiner Jugend geschuldet sind.
Dass eben diese Jugend und der damit verbundene Mangel an Wissen und Erfahrung "normalerweise" grade einmal für ein paar Lehrjahre in einem Gemeinderat reichen würden, bleibt ausgeblendet.
6. Türkise schaffen einen bemerkenswerten historischen Rösselsprung im Kurzzeit-Gedächtnis. Sie sind fest davon überzeugt, dass der grüne Koalitionspartner ein Segen für das Land ist. Insbesondere der Vergleich Hartinger-Klein vs. Anschober wird sehr positiv gewürdigt und - eh klar - auch dafür müssen wir Basti dankbar sein.
Dass der selbe Basti dem selben Land genau die blaune Chaostruppe eingebrockt hat, die wir ohne Ibiza immer noch hätten, bleibt ausgeblendet.
7. Besonders auffällig: Kritik am Handling der FOLGEN des Shutdowns wird sofort mit der Frage gekontert: Na, hättest Du es lieber gehabt, dass wir alles offen lassen und die Menschen sterben, wie in Italien?
Das mehrfach erfolgreich getestete Antwort-Modell: "Ich war für den Lockdown,
aber ich finde den Umgang mit den Folgen fahrlässig und stümperhaft" hinterlässt die meisten Türkisen ohne Chance auf Replik.
8. NOCH wird mit den Hilfs-Milliarden nur so herumgeworfen. Es wird nicht mehr lange dauern, bis der Spin sich dreht und uns eine neue Geschichte angepriesen wird:
Seht her, von der ursprünglich geplanten Summe haben wir nur die Hälfte verbraucht und - sehet! - der Laden läuft wieder! Was sind wir doch für großartige Sparmeister!
Gehet hin und wählet!
Die Wahrscheinlichkeit, dass dieses Kalkül aufgeht, ist ziemlich hoch.
Außer:
Es wird endlich allen klar, dass die Arbeitslosen arbeitslos sind, weil es einfach keine Jobs gibt. (Das sollte auch denen zu denken geben, die noch Jobs haben.)
Es findet sich trotz vehementer Vertuschungsversuche auf dem "Ibiza-Video" etwas, das den Kurz-Heiligenschein abmontiert.
Es gibt endlich ein schlagkräftiges Alternativ-Konzept, das mutig und lösungsorientiert ein Gegengewicht zum halsbrecherischen Dilettieren der Krisenmanager in Ausbildung anbietet. (Die Wahrscheinlichkeit dafür ist allerdings sehr klein.)
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Robert Dengscherz (Sonntag, 21 Juni 2020 15:06)
Wenn man es sich in der türkisen Parallelwelt kommod einrichtet hat, lebt es sich offenbar ganz gut darin.
Christian Sadil (Sonntag, 21 Juni 2020 17:06)
Es erinnert all das, was Du so trefflich beschrieben hast, unübersehbar an die Reaktionen von Trump-supportern auf Trumps absurde Aktivitäten, an die Reaktionen von Erdogan-Anhängern auf Erdogans interventionistisches Verhalten, an Bolsonaro-Fans, die jeden seiner Wahnsinns-Entscheidungen freudig akklamieren... und last but not least an die Dynamik, die Hitler vor 90 Jahren in Deutschland und Österreich in bedingungsloser Zustimmung der Massen mit seinen direkt in die spätere Katastrophe des 2. Weltkriegs führenden Entscheidungen ausgelöst haben ... Zufall? ... oder Muster? ... ich tendiere zu letzterem ....