Man glaubt ja gerne, man wäre die Ausnahme.
Eh klar. Ich doch nicht.
Ein paar liebe Freunde haben mir vor einem Jahr,
als ich das erste Mal im Leben Vorhofflimmern hatte, beinahe verschämt gesagt, dass so etwas auch wiederkommen könnte.
Ich war absolut sicher, dass nicht.
Meine Medikamente wirkten zuverlässig, die eigens angeschaffte Pulsuhr ein Muster an Präzision,
der Sport hocherfreulich.
Am 9. Oktober dieses Jahres war ich mit meiner Liebsten beim Fuschlsee wandern. Steil rauf und runter, weit in die Landschaft, es war wunderbar.
Genau ein Jahr zuvor war ich mit 146 Ruhepuls ins AKH gedüst. Und heuer war ich stolz: Schau, wie gut ich drauf bin, sagte ich zu meinem Schatzi und wir haben uns gefreut.
Und dann kommt der vergangene Montag.
Ausgerechnet der schreckliche Terror-Montag.
Wir sind zuhause, sehen die furchtbaren Berichte.
Ich rege mich nicht auf. Bin "nur" erschüttert wegen der vielen Opfer.
Und dann, mitten am Abend, fangen die überwunden geglaubten Symptome an. Das Aufstoßen, das Hämmern im Brustkorb, das Schwitzen.
Blutdruck: 156/120, Ruhepuls 128.
Ich weiß sofort, das wird von alleine nicht mehr besser. Werfe die Medis ein.
Schlafe grottenschlecht.
Am Morgen schicke ich eine Hiobsbotschaft an meinen wunderbaren Arzt im AKH.
Prof. Clemens Dejaco. Er reagiert sofort.
Medis raufdosiert, nach 45 Minuten kommt das "Go". Ich darf ins AKH.
Köfferchen war schon vorbereitet, rein ins Taxi.
Penible Checks beim Eingang. Zwei Kontrollpunkte.
Schließlich bin ich wieder im 21. Stock.
Hervorragende Aussicht, hervorragende Betreuung.
Covid-Test. Ohne negativen Befund geht gar nix.
Der Puls ist dauerhaft auf 140, Blutdruck lässt sich nicht lumpen und bleibt auch auf großer Höhe.
Die Schwestern begrüßen mich super herzlich.
Erinnern sich an letztes Jahr. Spenden Trost und Aufmerksamkeit. Ich hänge an Kontroll-Kabeln,
falls irgendwas durchdreht, ist sofort jemand bei mir.
Endlich: Am Mittwoch um 8.00 werde ich auf die Kardiologie gebracht. Auch dort erinnert sich das Personal. Frau Prof. Graf ist da und alleine durch ihre Anwesenheit werde ich zuversichtlich. Bitte wieder so, wie letztes Mal, sage ich und sie nickt.
Auf Brust und Rücken werden dünne Metallplättchen geklebt. Dann kommt die Ansage: Wir starten jetzt mit der kurzen Narkose. Ich liege da, schaue auf die Ärztin, möchte unbedingt wissen, wie lange ich "da" bleibe und urplötzlich bin ich ausgeknipst.
Während ich nichts mitkriege, schickt die Ärztin einen Elektroschock in mein Herz und es besinnt sich seiner wahren Aufgabe:
Ruhig und regelmäßig zu schlagen.
Nach ich weiß nicht wie lange, wache ich auf und schaue in das vertraute Gesicht der Frau Professor, die mich mit der Erfolgsnachricht verwöhnt, dass alles geklappt hat. Puls wieder auf 65.
Es ist schwer zu beschreiben, wie es einem geht, wenn der Vorhof flimmert. Ich hatte durchgehend das Gefühl, in einem Maschinenraum zu sitzen, wo schnell gehämmert wird. Wenn das Herz so schnell schlägt, ist es so drauf, als würde ich Joggen.
Aber den ganzen Tag, auch im Schlaf und in Ruhe.
So wie beim Joggen schwitze ich.
Das ist besonders unangenehm, wenn der ganze Oberkörper voller Kabel ist und bei jedem Klogang geht der Alarm los, weil ich die große Kabelklemme getrennt habe.
Besonders unangenehm: Die Erkenntnis, dass ich es wirklich wieder bekommen habe. Einmal will man eine Ausnahme sein und schon ist man im Mainstream.
Gestern hab ich viel und lange geschlafen.
Endlich wieder in Ruhe. Alles schnurrt und ist auf mittlerer Drehzahl. Große Dankbarkeit.
Im AKH läuft alles derartig kontrolliert ab, dass man nur staunen kann. Heute wurde ich nochmals auf Covid getestet. Muss sein. Ist Vorschrift.
Die Medis wirken. Das Maskentragen ist so selbstverständlich, dass man fast denken möchte, anders herum wäre der falsche Modus.
Und gleichzeitig sind alle so freundlich, dass es nur daheim schöner sein kann.
Im Unterschied zum Vorjahr muss ich an meinem Leben nicht so viel ändern. Den Blutdruck öfter und genauer kontrollieren. Sport ja, aber zuvor muss der Druck stimmen. Lässt sich einrichten.
Und mit dem Kardiologen verhandeln, ob ein kleiner Eingriff nicht doch dauerhaft für Sitte und Anstand in der Kammer sorgen könnte.
Jetzt zuhause. Beim Schatzi. Sehr glücklich.
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Linda Wöss (Donnerstag, 05 November 2020 20:24)
Alles alles Gute und auf Herz achten! Das ist immer wichtig im Leben!
Günter Ranftl (Donnerstag, 05 November 2020 20:35)
Mannomann. Die Sache mit der Pumpe. Sie führt meine betroffenen PatientInnen immer an die Grenzen. Ich wünsche Ihnen alles Gute. Ich versuche immer, die Betroffenen, vor allem die mit den neu aufgetretenen Vorhofflimmerarrhythmien zu den besten Kardiologen weiter zu bringen. Es zahlt sich aus.
Elisabeth (Donnerstag, 05 November 2020 22:04)
Meine besten Wünsche für Sie �
Erika (Freitag, 06 November 2020 05:54)
Habs gerade gelesen... .
Es tut mir wirklich leid und ich wünsche Dir von Herzen viel Gesundheit ❤
Walter Zinggl (Freitag, 06 November 2020 10:09)
Mensch, Hannes, so schlimm das zu lesen. Pass auf auf Dich und folge den Ärzten!!! Ad multos annos, mein Lieber! Dein Walter
Karo Guedes (Freitag, 06 November 2020 11:42)
Lieber Hannes! Wir wünschen Dir alles Gute, bitte pass auf Dich auf! Alles Liebe Karo & Tony
Ingo (Freitag, 06 November 2020 16:19)
Pass bloß gut auf dich auf! Zum Glück bist du ja in wundervollen und liebevollen Händen. Ich denke an dich !
Siegfried Steinlechner (Freitag, 06 November 2020 18:35)
Lieber Hannes! Alles erdenklich gute Dir und bleib bitte herzlich � gesund!! Dein Siegfried
Marion (Sonntag, 08 November 2020 10:05)
Du hast ein viel zu empathisches Herz mein lieber Hannes. Das ist auch gut so. Aber sag deinem herzerl bitte, dass es noch sehr lange, sehr rund laufen soll. Ich wünsche dir das Allerbeste und denk an dich mit viel positiver Energie. Liebe Grüße Marion