Ab und zu schadet es nicht, den inneren Kompass zu kalibrieren und achtsam zu sein mit den eigenen Werten.
Was mir viel wert ist:
- Toleranz.
NICHT die schon ans Fahrlässige grenzende wörtliche Übersetzung aus dem Lateinischen "tolerare" im Sinne von ertragen, erdulden.
Sondern Toleranz im Sinne Kants: Das liebevolle Annehmen des Anders-Seins. Oder wenigstens so, wie es - angeblich - Kurt Tucholsky gesagt haben soll: Toleranz ist der Verdacht, der andere Mensch könnte recht haben.
- Menschenrechte.
Ganz im Sinne der UNO-Erklärung der Menschenrechte.
Da schaut es so aus, als ob manche des Lesens nicht mehr kundig sind, geschweige denn des sinnvollen Erfassens.
- Selbsterkenntnis.
Nur wer sich mit sich selber auskennt, sollte sich ein Urteil über andere erlauben. Und nur wer weiß, dass die eigene Bewegung im System etwas bewegt, verhindert den Opfer-Status. Ich bin bedingungslos für 1 Jahr Gratis-Psychotherapie für jedermann und jederfrau.
- Selbstbeherrschung.
Die eigene Freiheit endet dort, wo die des Mitmenschen beginnt.
So ist es auch mit der Toleranz. Toleranz für die Intoleranz bedeutet das Ende der Toleranz (siehe Karl Popper).
- Führung.
Führen heißt "anführen" und nicht "durchführen". Auch wenn der Führungsgedanke bei uns historisch belastet ist: Ich stehe dazu, dass es wichtig und wertvoll ist, wenn sich Menschen für etwas einsetzen und andere Menschen für ihre Ideale begeistern wollen und können. "Taking people to a place they have never been before" (Warren Bennis) ist grundsätzlich ehrenwert. Und bedarf regelmäßiger Kontrolle von Kompass und Landkarte der Führenden.
- Teamarbeit.
"A team will always outsmart an individual" (Martin Puris). Teams können Spirit, Rückhalt, Loyalität, Dynamik und Kraft vermitteln.
Aber auch Gruppenterror, Mittelmaß, Trittbrettfahrer und kollektiven Irrtum. Was Teams nur schwer oder gar nicht können, ist die gemeinsame Übernahme von Verantwortung. "Search all the parks in all the cities, you´ll find no statues of committees." (David Ogilvy)
- Konflikt-Management.
Konflikte sind immer und überall. Sie sind der Zusammenprall unterschiedlicher Absichten, die zur selben Zeit verwirklicht werden wollen. Das ist normal. Nicht normal ist, diese Gesetzmäßigkeiten zu ignorieren. Das ist dem Konflikt nämlich egal. Er blüht und gedeiht in der Verdrängung munter vor sich hin und schmeisst uns irgendwann hinterrücks um. Faustregel:
Früh einsteigen, klar kommunizieren und die Handlungsfähigkeit aller Beteiligten - nicht Sieg oder Niederlage! - anstreben. Grundbedingung: Nur wer ein eigenes Ziel hat, hat den Referenzrahmen, um das Ziel der anderen Person einschätzen zu können. Und ist davor geschützt, als Ergebnis das Zurechtkommen mit dem fremden Ziel hinnehmen zu müssen.
- Demokratie.
Demokratie ist nicht der Terror der Mehrheit über die Minderheit.
Sie ist das Aushandeln des gemeinsamen Lebens und der ausreichende Schutz von jenen, die sich der Mehrheitsmeinung nicht anschließen können oder wollen. Alles andere ist Faustrecht.
- Menschenbild.
Ich glaube an das Gute im Menschen. An den guten Menschen per se glaube ich nicht und halte ihn für ein gefährliches Trugbild.
Ich glaube an Solidarität und Vertrauen. Ich halte den Ellenbogen und das Misstrauen für gänzlich ungeeignet für das gesellschaftliche Zusammenleben. Und dass der Markt alles regelt, hat sich schon so oft als falsch erwiesen, dass es schon sehr verwundert, wie man daran noch glauben kann. Ebenso wie an die Allmacht des Staates. In den Nullerjahren hat Alfred Gusenbauer von der "solidarischen Hochleistungsgesellschaft" gesprochen. Mir ist Gusenbauer unangenehm und ich fand damals, dass er sich den Shitstorm verdient hatte. Er ist mir auch heute noch als Person suspekt. Aber seinem Gedanken kann ich heute sehr viel mehr abgewinnen, als damals.
Manche Gedanken brauchen eben länger, bis ich sie bei mir wohnen lasse. Aber das ist eine andere Geschichte. Die sollte von meiner Frau und meinen Kindern erzählt werden.
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