Aus aktuellem Anlass erlaube ich mir, ein Kapitel aus meinem Buch "Tool Box" zu zitieren.
"Meine Einstellung zum Thema ist eindeutig:
Für etwas zu brennen, verlangt auch Verantwortung gegenüber der eigenen Gesundheit und gegenüber den Menschen, die einem nahe sind.
Neulich sagt ein Klient zu mir: „Jetzt hatte ich drei Wochen lang einen Burnout, aber jetzt geht’s mir wieder gut und nächste Woche fange ich wieder an, zu arbeiten.“
Meine Antwort darauf: „Entweder hatten Sie keinen Burnout oder Sie sollten ganz schnell zum Arzt.“
Leider hat der Besuch meines Klienten beim Arzt einen Burnout mittleren Grades ergeben und eine Behandlung von fast drei Monaten erfordert.
Burnout ist seit ein paarJahren zu einem Dauerbrenner in der öffentlichen Diskussion geworden. Burnout – oder auch Erschöpfungs-Depression – ist eine ernsthafte Erkrankung, deren Heilung nicht in ein paar Wochen erledigt ist, sondern in der ausgeprägtesten Form bis zu einem Jahr dauern kann.
Als Coach habe ich keine Lizenz, um bereits akuten
Burnout zu betreuen, dafür sind Ärzte und Psychotherapeuten die richtigen Instanzen.
Aber ich kann die Gefahren-Kriterien erkennen und meine Klienten warnen bzw. ihnen helfen, rechtzeitig wieder auf die richtige Bahn zu finden, bevor die Krankheit entsteht.
Die folgenden Fragen sind sehr gut geeignet, eine vorläufige Selbst-Diagnose zu erstellen. Wer fünf mal oder öfter„Ja“ sagen muss, sollte einen Arzt aufsuchen:
Fühlen Sie sich schon seit mehr als sechs Monaten total erschöpft?
Fehlt Ihnen oft die Energie für die einfachsten Aufgaben des täglichen Lebens?
Brauchen Sie immer länger, um sich zu erholen?
Fühlen Sie sich schon beim Aufstehen erschöpft?
Leiden Sie unter Konzentrationsschwäche und Vergesslichkeit?
Haben Sie den Spaß an den meisten Dingen verloren?
Haben Sie das Gefühl, mit immer mehr Energie immer weniger zu erreichen?
Ziehen Sie sich vermehrt von Ihren Mitmenschen zurück?
Zusätzlich rate ich, den Schlaf-Verlauf zu beobachten:
Wer häufig zwischen 2 und 4 Uhr nachts aufwacht, sich mit Gedanken an Unerledigtes oder Ungelöstes beschäftigt und Schwierigkeiten hat, wieder einzuschlafen, bekommt von seinem System Warnsignale, die nicht überhört werden sollten.
Der „klassische“ Verlauf eines Burnouts vollzieht sich in 12 Stufen:
1. Zwang, sich zu beweisen
2. Überproportionaler Einsatz
3. Vernachlässigung eigener Bedürfnisse
4. Erste Verhaltens-Ausbrüche
5. Bestreiten eigener Bedürfnisse
6. Aggression und Sarkasmus
7. Soziale Abgekoppelung
8. Verhaltensänderung wird unübersehbar
9. Machtlosigkeit und geistig/emotionale Abwesenheit
10. Übertriebene Gegenreaktionen
11. Depression
12. Burnout
Diese Stufenleiter zeigt ganz deutlich, dass Burnout vor allem eine Störung des Energie-Haushaltes ist, bei der anfänglich positiv eingestufte und gesellschaftlich hoch geschätzte Verhaltensweisen in ihr gefährliches Gegenteil kippen."
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Ulli (Dienstag, 13 April 2021 17:32)
Wie immer am Punkt, Danke :)
Karin Löfler (Samstag, 01 Mai 2021 15:37)
Lieber Hannes,
vielen Dank für diese interessante Zusammenfassung. Die mittlerschwere Variante kenne ich sehr gut. Ohne vorübergehende ärztliche Hilfe und später therapeutische Unterstützung hätte ich das vermutlich nicht gut überstanden. Wichtig ist zu wissen, daß Angehörige und wohlmeinende Freund*innen oft hilflos und überfordert sind!
Alles Gute und liebe Grüße
Karin