Mein Wunderbarer Freund Harry Bergmann hat mir in seiner Falter-Kolumne zu den "Nachtwächtern" ein großzügiges Zitier-Gastrecht eingeräumt.
Er bezog sich dabei auf einen Blog, den ich auf Facebook unter meinem politischen Pseudonym "Johann Kranzwirth" gepostet hatte.
Hier - auf meiner eigentlichen Blog-Seite - stelle ich den mittlerweile zum Glück von den (unrühmlichen) Ereignissen positiv überholten Text rein.
Niemandsland.
Seit 45 Jahren befinde ich mich ideologisch im linksliberalen Quadranten des politischen Spektrums.
Nachdem ich mich von den braven konservativen Prägungen meines Elternhauses gelöst hatte.
1986 bin ich dem BSA beigetreten.
Und 2000 der SPÖ. Wegen Gusenbauer, meinem Studienkollegen. Für Barbara Prammer und ihn habe ich das damalige Pensionskonzept der Partei formuliert und den Begriff "Fairness-Pension" entwickelt. Schon damals bin ich mit heute noch aktiven "Liesingern" in Konflikt geraten.
Bei jedem Gespräch mit Alfred wurde seine Überheblichkeit immer spürbarer und seine Aversion, selbst einfachste kommunikative Verhaltensweisen zu praktizieren. Anstrengend. (Damalige Aussage aus seinem engsten Umfeld an mich: "Ich weiß, dass Du recht hast, aber wir wollen so weitermachen, wie bisher.")
Dann kam Faymann und mit ihm 8 Jahre einer intellektuellen Dürre, die in ihrer Inspirationslosigkeit beängstigend war und bis heute fast irreparable Schäden hinterlassen hat. (Die SPÖ als intellektuelle Avantgarde gibt es seit spätestens 1979 nicht mehr. Seitdem: Gnadenlos hinter den gesellschaftlichen Trends nachhinkend, resistent gegen jede Form von Change.)
1 Jahr vor dem Ende der Faymann-Zeit bin ich ausgetreten. Aber die Partei war nicht imstande, meinen Austritt zu administrieren, sodass mir exakt am Tag, als Kern seine erste fulminante Rede hielt, erneut der Parteibeitrag abgebucht wurde. Und ich dachte: Gut, soll wohl ein Zeichen sein.
Gegen Ende des Wahlkampfs, in dem Kern seine Kanzlerschaft verlor, saß ich bei einem Spenden-Dinner mit ihm zusammen und blickte in seine desillusionierten Augen und sah ihn mit seinen unerträglichen Einflüsterer-Buben, deren gegeltes Haar im Suff in alle Richtungen stand.
Dann kam PRW und wieder hatte ich Hoffnung.
Gescheit, sympathisch, herzlich, eine Frau.
Dann kam PRWs Interview im "Report" und die Frage "Frau Dr. Rendi, wofür steht die SPÖ?" und ihre Antwort "Wir arbeiten daran." Und eine Falltür tat sich für mich auf und ich raste Richtung Erdmittelpunkt.
Ungezählte Ausrutscher und vergebene Elfmeter später war da Andi Babler. Und er sagte, wonach ich mich sehnte. Glaubwürdig. Geerdet. Robust. Fest.
Sozialdemokratisch bis in die Knochen.
Gegenpol: Dosko, der mit einem peronistischen Programm das Burgenland regiert wie einen pannonischen Gutshof. Illoyal, hinten rum, Heckenschütze, chronisch unberechenbar.
Menschlich anrüchig - keine Moria-Kinder nach Österreich, latent anfällig für die FPÖ, aus rein taktischen Motiven nun für die Ampel.
Dann die Rede Andi Bablers am Parteitag und ich habe geheult vor innerer Bewegung. Seit Kreisky hatte ich keine so berührende politische Rede gehört.
Der Politikwissenschafter, der Marketing-Mensch und der Coach in mir jubelte. Denn wer sich in der Schlange nach rechts hinten anstellt, kriegt die Reste von dem, was FPÖ und ÖVP übriglassen.
Babler hat endlich eine autonome, glaubwürdige und wachstumsfähige Perspektive aufgezeigt.
Und die Delegierten, die während Bablers Rede konzertiert aufs Klo mussten, wählten mehrheitlich Doskozil.
Nun spüre ich einen Schmerz, der mir in seiner Art neu ist. Und ich weiß, dass ich selbst an diesem Schmerz schuld bin. Ich hatte mich über alle "logische Pragmatik" hinweggesetzt und meine Träume und Erwartungen in Prognosen umgewandelt. Das ist ein Fehler, den ich als Coach keinem Klienten durchgehen ließe.
Die SPÖ hat eine Jahrhundert-Chance fahrlässig vertan. Alle, die nun den Marsch durch die Institutionen propagieren und diejenigen, die glauben, mit ein paar Alibi-Ämtern könnte die Babler-Bewegung "eingebunden" werden, werden am Beton des Dosko-Autoritarismus und der tödlichen Lercher-Umarmungen langsam aber sicher eingehen.
Ich werde dieser Partei nie mehr erlauben, meine Leidenschaft zu triggern. Und ganz wichtig: Ich verbiete es mir selbst.
Nun bin ich im Niemandsland und weiß nur eines:
KPÖ kommt für mich nicht in Frage.
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