Widerlich.

In Wien und Niederösterreich liefern sich der politische Ekel und die abgrundtiefe Dummheit grade einen Wettbewerb. 

In Wien möchte die ÖVP einen "Gesinnungs-Check", ob etwa jemand (heimlich!) Marx oder Engels oder gar Lenin gelesen hat. Weil, wenn ja, man wagt es kaum, sich sowas vorzustellen, sollten ganz bestimmte Förderungen verweigert werden.

Und in Niederösterreich ist grade eine Verordnung in Kraft getreten, die das Gendern in der Kommunikation von und mit Behörden untersagt. 


Bis vor kurzem pflegte man zum traurigen verbalen Achselzucken Zuflucht zu nehmen, dass die Realität die Satire übertroffen hätte. Ich fürchte, dafür sind die Umstände nicht mehr passend. 

Ich glaube, jetzt beginnt es gefährlich zu werden. 

Es ist eh wenig verwunderlich, dass die frühere Partei der Bauern und Bildungsbürger sich jetzt nur noch auf den politischen Misthaufen konzentriert und einen richtig derben kommunikativen Watschentanz aufführt. Marx! Kommunismus! Nord-Korea! Enteignung! Diktatur! So schallt es unter den intellektuellen Gamsbärten und aus den Deixschen Mundhöhlen, wo der austrofaschistische Karies wieder fröhliche Urständ feiert. 

Frei von jedem Wissen, von jeder Lektüre der inkriminierten Schriften und von jedem Genierer vor den Mindeststandards eines politischen Klingenkreuzens wird vom Giebelkreuz der Erbärmlichkeit heruntergekotzt. 


Und wenn wir schon den unverarbeiteten Dollfuß wieder exhumieren, dann machen wir aber doch einen seiner Fehler nicht nach (schließlich haben wir aus der Geschichte gelernt): Wir wollen die Faschisten nicht überhitlern, sondern zu Tode umarmen. Deshalb gehen wir ja in Niederösterreich in eine Koalition mit den Liederbüchlern und schauen, dass wir ihnen mit dem Christentum den inneren Nazi austreiben, den wir uns selbst nicht auszuleben trauen. 

Eh wuascht, dass daran schon Franz von Papen gescheitert ist - wer soll das schon wieder sein und irgendwann muss ja schließlich auch Schluss sein mit diesem "dunkelsten Kapitel unserer Geschichte".

Da haben wir ja wirklich dazugelernt: Wir drehen nicht das Licht ab, wir schalten es vorher schon gar nicht mehr ein! 


Und überhaupt: Dieses ständige Gefasel von der Aufklärung! Es muss jetzt amal Schluss sein mit dem Sexualkunde-Unterricht in den Schulen, da lernen die Kinder nur lauter grausliche Sachen. 

Und der Kant! Wir wollen keine Kant-Wurst! Wir wollen a anständige Krakauer aus der guaden oiden Zeit! 


Räusper.

Die Tage werden wieder kürzer.

Und wenn wir nicht den Schulterschluss der Aufrechten, der Demokraten, der Aufgeklärten hinkriegen, werden wir sehr viel früher, als wir uns das vorstellen können, sehen und spüren, 

"was alles geht". 

Lest Marx, um den Unterschied zwischen Marxismus und Kommunismus zu verstehen.

Lest "Mein Kampf", um am historischen Beispiel zu erkennen, was man alles ansagen kann, bevor man es realisiert, weil einen niemand daran gehindert hat.

Schaut "Österreich I" von Hugo Portisch, um zu begreifen, wie schnell eine Demokratie umgebracht werden kann, wenn der Faschismus sich mit einem Hahnenschwanz tarnt und wenn die Linke sich nicht einigt. 


Uns steht ein miserabler, übler, ekliger Lagerwahlkampf bevor. Aber wir müssen ihn führen.

Wenn die nächste Nationalratswahl nach rechts kippt, startet ein Domino-Effekt, bei dem uns Hören und Sehen vergehen wird.

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Kommentare: 3
  • #1

    Gregor (Dienstag, 27 Juni 2023 18:45)

    Ja!

  • #2

    Thomas (Dienstag, 27 Juni 2023 19:10)

    Das Ansinnen der Wiener Schwarzen klingt deart geschichtsvergessen, dass du es nicht für möglich hältst. Dass erwachsene, demokratisch aufgewachsene Mitglieder aus der "bürgerlichen" Mitte der Gesellschaft so einen gefährlichen Schwachsinn absondern können, macht diese entweder zur absolut peinlichen Lachnummer, oder -wie du befürchtest- zu den machtversessenen Steigbügelhaltern der dummdreisten Idioten unserer Gesellschaft.

  • #3

    Ursula (Donnerstag, 26 Oktober 2023 15:46)

    Ja. Wie Recht Du hast.