Es wird schon so viel geschrieben über die Verluderung des Zusammenlebens, dass es fast schon an Missbrauch von Wort und Schrift grenzt,
sich selbst da auch immer wieder aufzuplustern.
Ganz im Sinne genialer Zurufer zum Niedergang des Abendlands - ohne auch nur im Entferntesten an sie heranzureichen - streiche ich also alle Anmerkungen zum Rechtsdrall in Europa und der Welt; zum Aufschwung intellektueller und moralischer Hohlkörper; zum weltweiten Absinken des IQ;
zur Polarisierung der Meinungen und zur Diskurs-Zerstörung bis in die Familien hinein;
zur Erbärmlichkeit des Agenda-Settings;
zum Missbrauch politischer Verantwortung und der damit einhergehenden Populisierung des gedanklichen Mainstreams; zur Verflachwurzelung jeglicher Reste intellektuellen Lichts.
Davon soll nicht die Rede sein, weil es einem dazu ja bereits die Rede verschlagen hat.
Statt dessen kreisen ganz andere Gedanken in meinen Ganglien, die immerhin schon einiges an Gedanken-Rotation erlitten haben.
Immerhin stehen da gut verdichtete Erfahrungen aus dem professionellen Umgang mit fast 5000 Menschen zur Verfügung, von denen sich die überwiegende Mehrheit gegen Überlassung eines angemessenen Honorars mit mir hingesetzt hat, um ein Thema zu erörtern. (Schon interessant: Wenn es um die eigenen meist beruflichen Sorgen und Nöte geht, sind die Allermeisten gern bereit, sich auf eine tiefschürfende Evaluierung von Situation und Lösungen einzulassen.)
Am Auffälligsten zeigen sich Lösungsorientierung und Bereitschaft, über den eigenen Schatten zu springen, bei Teambuildings oder auch bei Fusionen und sogar bei Take-Overs, weil die normative Kraft des Faktischen einfach zu stark dominiert, um dauerhaft gegen den Wind Klavier zu spielen.
Was bewährt sich da am besten?
Zuallererst die Entwicklung eines gemeinsamen Ziels, also die Klärung der Frage, was man gemeinsam erreichen will - tunlichst unter Nutzung der eigenen Ressourcen und nicht des Wohlverhaltens des Kontrahenten. Wenn der gemeinsame Kompass ausreichend kalibriert ist, wird es auf der Landkarte zum Ziel schon erheblich leichter. Pragmatik:
Es ist von allergrößtem Nutzen, zunächst einmal zufrieden zu sein, wenn man die allerkleinsten Schnittmengen identifiziert, um im nächsten Schritt zu den vielleicht noch nicht erkannten größeren Gemeinsamkeiten vorzudringen.
Dann wäre der Weg frei, um wechselseitig jene individuellen Ressourcen und Assets zu identifizieren, die zur Bewältigung des Wegs zum Ziel hilfreich sind.
Und dabei jene Beitragsleister*innen zu erkennen, die dafür am besten geeignet sind.
Und dann baut man einen Plan, wer was wann erledigt, macht ein paar Milestones fest und legt los.
Überall in der Wirtschaft, bei Projekten, im Vereinsleben, im Sport ... funktioniert dieser Modus.
Nichts daran ist neu und/oder riskant.
Aus meiner Sicht wäre es eine der vornehmsten Aufgaben eines kleinen Kreises honorabler Menschen, diesen Vorgang anzukicken, damit wir unser gesellschaftliches Leben wieder auf die Reihe kriegen.
Beispielsweise könnten sich der Bundespräsident, die Vorsitzenden der großen Verbände, die Obersten der Religionsgemeinschaften, die Präsident*innen der Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshöfe angesprochen fühlen, jene notorischen Schrebergärtner von Partikularinteressen, die das Land in die moralische Erbärmlichkeit und die internationale Verpeinlichung manöverieren, an den gemeinsamen Tisch zu zwingen.
Kein Boulevard, kein Populismus kann gegen so etwas wirklich nachhaltig anagitieren.
Und - grad von mir wenig überraschend - ich erhoffe mir besonders von VdB ein beherztes Überschreiten der Grenzen des Salbungsvollen, denn er ist der einzige Akteur, der nichts mehr zu verlieren hat.
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