Das Ermächtigungsgesetz.

Vor 90 Jahren. 


1933 haben die Nationalsozialisten mit Unterstützung der Konservativen und der Liberalen, die sie für die verfassungsändernde  2/3-Mehrheit brauchten, im Berliner Reichstag das sogenannte Ermächtigungsgesetz und damit den Beginn der Nazi-Diktatur beschlossen. 

Die Sozialdemokraten haben als einzige Partei (die Kommunisten waren bereits verhaftet) geschlossen dagegen gestimmt. Ihr Vorsitzender Otto Wels hat eine historisch mutige Rede gehalten, aus der die unten angeführten Zitate stammen. 


90 Jahre später versuchen in Deutschland wie in Österreich geschichtslose Desperados das Verbrechen an Demokratie und Menschenrechten zu wiederholen. Wieder mit Konservativen als potentiellen Steigbügelhaltern....


Otto Wels, 1933: 


"Freiheit und Leben kann man uns nehmen, 

die Ehre nicht.

Nach den Verfolgungen, die die Sozialdemokratische Partei in der letzten Zeit erfahren hat, wird billigerweise niemand von ihr verlangen oder erwarten können, dass sie für das hier eingebrachte Ermächtigungsgesetz stimmt. 

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Kritik ist heilsam und notwendig. Noch niemals, seit es einen Deutschen Reichstag gibt, ist die Kontrolle der öffentlichen Angelegenheiten durch die gewählten Vertreter des Volkes in solchem Maße ausgeschaltet worden, wie es jetzt geschieht,

und wie es durch das neue Ermächtigungsgesetz noch mehr geschehen soll. Eine solche Allmacht der Regierung muss sich umso schwerer auswirken, als auch die Presse jeder Bewegungsfreiheit entbehrt.

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Meine Damen und Herren! Die Zustände, die heute in Deutschland herrschen, werden vielfach in krassen Farben geschildert. Wie immer in solchen Fällen fehlt es auch nicht an Übertreibungen. Was meine Partei betrifft, so erkläre ich hier: Wir haben weder in Paris um Intervention gebeten, noch Millionen nach Prag verschoben, noch übertreibende Nachrichten ins Ausland gebracht.

Solchen Übertreibungen entgegenzutreten wäre leichter, wenn im Inlande eine Berichterstattung möglich wäre, die Wahres vom Falschen scheidet.

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Vergeblich wird der Versuch bleiben, das Rad der Geschichte zurückzudrehen. Wir Sozialdemokraten wissen, dass man machtpolitische Tatsachen durch bloße Rechtsverwahrungen nicht beseitigen kann. 

Wir sehen die machtpolitische Tatsache Ihrer augenblicklichen Herrschaft. Aber auch das Rechtsbewusstsein des Volkes ist eine politische Macht, und wir werden nicht aufhören, an dieses Rechtsbewusstsein zu appellieren.

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Wir grüßen die Verfolgten und Bedrängten. 

Wir grüßen unsere Freunde im Reich. 

Ihre Standhaftigkeit und Treue verdienen Bewunderung. Ihr Bekennermut, ihre ungebrochene Zuversicht verbürgen eine hellere Zukunft."

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