Ich habe große Schwierigkeiten, wenn Menschen sich zu Themen äußerln, von denen sie sich besser fernhalten sollten.
Es fällt mir unendlich schwer, Religion mit Politik zu vermischen, weil ich ein zutiefst überzeugter Verfechter säkularer Verhältnisse bin. Ich mag nicht nachvollziehen, wenn territoriale Ansprüche mit biblischen Bezugnahmen erhoben werden. Und die ganze irrationale Intoleranz, die in Religionen offen oder verdeckt ausgelebt wird, macht mich wütend.
Jetzt befinde ich mich selbst in so einer von mir verachteten Klemme des Absonderns meiner
"50 Cent". Das einzige, was mir halbwegs (m)eine Lizenz ausstellt, ist mein Studium und die Hoffnung, einigermaßen vernünftig zu sein.
Was mich immer noch beklemmt, ist die Erinnerung an heftige Reaktionen auf meine Zweifel an der Berechtigung der israelischen Siedlungspolitik und die fast schon reflexartigen Vorwürfe, diese Zweifel wären bereits antisemitisch. Was mich professionell irritiert, ist die nicht nur im Nahen Osten grassierende Ignoranz fundamentaler Erkenntnisse aus dem Konflikt-Management und eine scheinbar unentrinnbare Vergeltungs-Mechanik.
Was mir das Herz herausreißt, ist der an Grausamkeit nicht zu überbietende Exzess an Gewalt an Menschen, die nichts anderes wollen, als friedlich in einem Land leben zu wollen, das als Symbol des "Nie wieder" existiert. Wenn ich mir vorstelle, meinen Töchtern würde das angetan, was die Hamas-Ungeheuer systematisch tun, zerreißt es mich vor Schmerz und Abscheu. Der Gedanke, dass Holocaust-Überlebende den schrecklichsten Albtraum, den Menschen überleben konnten, noch einmal erleiden müssen, sprengt einem die Synapsen auseinander.
Ich wehre mich innerlich gegen das Adjektiv "bestialisch", weil Tiere zu so einem abartigen Wahnsinn gar nicht imstande sind.
Es fühlt sich auf eine elende Art gewohnt an, wer sich in unserem Land zu den Ereignissen im Nahen Osten meldet und wer sich nicht meldet. Unter Berücksichtigung meines selektiven Medienkonsums ist mir jedenfalls kein Statement der FPÖ aufgefallen. Bevor diese moralisch abgehalfterte Truppe zu einer Regung des Mitgefühls imstande ist, friert wahrscheinlich die Hölle zu.
Es ist nach wie vor beklemmend, den latenten und manifesten Antisemitismus in unserem Land vor sich hin gären zu spüren.
Und die Scheinheiligkeit, mit der Empathie von all jenen geheuchelt wird, die in Sprache und Verhalten die uralten Muster ihrer antisemitischen Vorfahren prolongieren.
Es ist eine beschissene Zeit.
Dort, wo politische Bildung in Spurenelementen praktiziert wurde, hat sie keine Spuren hinterlassen. Dort, wo sie planmäßig betrieben wurde, ist sie nicht von einer Generation auf die andere weitergegeben worden.
Das reflektierte Aneignen von Wissen aus überprüfbaren Quellen verliert gegen die YouTube-University.
Nächstes Jahr werden die Schwurbler ihre offenen verrückten Rechnungen in die Wahlurnen schmeißen.
Und das Schlimmste: Kein Frieden.
Nicht in den Köpfen. Nicht in den Herzen.
Nicht in den Gesellschaften. Kein Frieden.
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Othmar Hill (Dienstag, 17 Oktober 2023 10:35)
Du sprichst/schreibst mir aus der Seele, Hannes