Lieber Alfred!

Bitte tritt aus der SPÖ aus.


Wir haben zur selben Zeit Politikwissenschaft studiert und ich kann mich gut erinnern, wie umfassend gebildet Du schon als Student gewesen bist. 

Aber auch, wie unsympathisch Du auf breiter Ebene rübergekommen bist.

Schon damals war es schwierig, mit Dir zu diskutieren.

Nicht, weil man gegen Deine hervorragend gedachten Argumente nicht ankam, sondern weil Du schon damals plakativ gezeigt hast, wie Du eingestellt bist: Die Zeit des vermeintlichen Zuhörens diente bei Dir immer schon dem Aufbau von Gegenargumenten und nicht der Chance, aus dem Gespräch etwas zu lernen. 

Auf diesen Trick sind Dir später reihenweise auch durchaus gewiefte Journalist*innen hereingefallen.


Zeitsprung. 

Alfred Gusenbauer "gewinnt" die Nationalratswahl und schickt Schüssel ins Ausgedinge. Das ist ein sehr hartnäckiges Narrativ, das leider in seiner Kausalität nicht stimmt. Schüssel hat wegen seiner aberwitzigen Sozialpolitik die Wahlen verloren und ist hinter die stagnierende SPÖ zurückgefallen. 

Die Regierungsverhandlungen hat die ÖVP dann postwendend für sich entschieden und Du wurdest dann einer der am kürzesten amtierenden österreichischen Bundeskanzler der zweiten Republik. 

Deine schneidende intellektuelle Überheblichkeit, gepaart mit politischer Planlosigkeit haben ausgerechnet Werner Faymann zu Deinem Nachfolger gemacht. 


Bald schon hast Du in der Folge das sozialdemokratische Gefühl von Leuten wie mir sehr schmerzhaft strapaziert. Beratungsaufträge für weit im Osten angesiedelte halbseidene 3/4-Diktatoren - sehr gut bezahlt! - und das gnadenlose Nützen Deines Telefonbuchs für Leute aus der Wirtschaft, denen Du es als Aufsichtsrat und Lobbyist gut gerichtet hast.

Dein Lebensstil geht niemanden was an.

Aber die Folgen Deines Tuns schon.

Und wenn nun die Schlangen der Arbeitslosen aus den wegen galoppierender Gier gescheiterten Unternehmen beim AMS um die Ecke stehen, sollte es dann wirklich genug sein. Dass Viktor Adler wegen der Verleihung der nach ihm benannten Plakette an Dich höchstwahrscheinlich im Grab rotiert, ist noch einmal eine andere Geschichte. 


Nun zerspragelt es Deinen Nachfolger in der vierten Generation nach Dir, weil er bei jedem Interview genüsslich filetiert wird, während Du unfähig bist, das Desaster Deines Verbleibs in der Partei zu verstehen. 


Lieber Alfred, bitte tritt aus der SPÖ aus.

Es geht sich einfach nicht mehr aus. Gar nicht.

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Kommentare: 1
  • #1

    Othmar Hill (Samstag, 13 Januar 2024 11:31)

    Hannes, das sitzt! Ich bewundere Deinen Stil, der so garnicht gehässig, jedoch umso präziser den Punkt trifft! Chapeau!