Reha-Gedanken. 3

Ein Gefühl beschleicht mich, das mich schon öfter aus dem Hinterhalt angesprungen hat und sich in überschaubarer Zeit fast immer als zutreffend herausgestellt hat.


Ich glaube, so etwas wie "die Ruhe vor dem Sturm" zu spüren. 


Wir haben heuer zwei große Wahlen. 

Die Europa-Wahlen und die Nationalratswahlen. Wenn man die US-Wahlen dazurechnet, für die wir nicht wahlberechtigt sind, die uns aber massiv tangieren, sogar drei. 

Jetzt kommt der Moment, wo Leute wie ich immer ganz vorsichtig sein müssen. Obwohl ich immer wieder glaube, mich gut in Menschen hineinversetzen zu können, macht mir der direkte Kontakt mit dem sogenannten "Mainstream" doch regelmäßig klar, dass ich zu vielen Ausprägungen des Mensch-Seins keinen Sensor habe. Und dann denkt sich einer wie ich im ersten Angang: 

Bist du deppat, san die deppat! 

Und das kommt der Todsünde im Zwischenmenschlichen schon recht nahe. 


Und trotzdem: 

Es ist erstaunlich und streckenweise atemberaubend, auf welchem Wissensstand sich sehr viele Menschen befinden und nicht einmal wissen, wie prekär ihre Situation ist. 

Dunning-Kruger-Effekt nennt man das.

Schlimmer noch: Das Ausmaß des "Von sich selbst Überzeugtseins" ist beklemmend. Wenn es nach dem Gutdünken vieler hier Anwesender ginge, hätten wir längst den Weltfrieden, die allgemeine Gesundheit für alle und einen Wohlstand ohne Arbeit - passenderweise auch für alle. Entweder weltweit oder nur in Österreich, was für manche eh das selbe ist - je nach politischer Orientierung. 


Und natürlich tut das weh, wenn man es beobachten muss. Weil ich mir dann denke: Hallo, die Sprache derer, die um Stimmen werben, muss um so vieles besser verständlich werden. Die Sprache muss flacher werden, nicht aber das Niveau der dahinterliegenden Gedanken. 

Als Boomer hab ich halt immer noch den alten Kreisky als Referenzrahmen, der es geschafft hat, inhaltlich interessant UND breit verständlich zu kommunizieren. Und der wunderbare Burgenländer Fred Sinowatz, den ich die Ehre hatte, als älteren Herren noch persönlich kennenzulernen, hatte so sehr recht mit seiner mutigen Ansage, dass die Umstände halt sehr kompliziert seien. Und wie sehr ist dieser Geistesriese von den Flachwurzlern verächtlich gemacht worden. Schande.


"Wir" - die Weltoffenen, die Menschenliebenden, 

die im besten Sinn Liberalen, die Nachdenklichen - müssen nachdenken, wie man mit dem Mainstream so kommuniziert, dass wir wieder zu mehr Solidarität, Empathie und Einsicht in die Notwendigkeit (Hegels Definition von Freiheit) finden. 

Auch wenn 10 Minuten im Wartebereich vor der Stromtherapie Wünsche nach Elektrifizierung so mancher Ganglien wachrufen. 

Wenn wir gegen das Dumpfe kein Rezept finden, werden die Dumpfbacken unser Leben bestimmen und damit auch ihr eigenes in den Abgrund reiten. 

Kommentar schreiben

Kommentare: 0