Y und Z.

OK. 

Ich als Boomer bin altersbedingt vielleicht nicht in der berufensten aller Positionen, um meine Beobachtungen mitzuteilen. Zugleich bin ich aber in der unendlich beglückenden Lage, nach wie vor mit großer Bodenhaftung mit einer solchen Vielfalt von Menschen tagtäglich Kontakt zu haben, dass ich es mir gestatte, doch ein paar Anmerkungen zu formulieren.
Worüber jetzt genau?

Über die sogenannte "GenZ". Also jene Generation, die gegen Ende des 20. Jahrhunderts geboren wurde und nun am Arbeitsmarkt immer deutlicher ihre Spuren zieht.
Bis vor etwa einem Jahr war ich ziemlich sicher, 

dass speziell meine Generation - die Boomer, also die in den 50er-, 60er-Jahren Geborenen - den maximalen Unterschied zur GenZ bilden würden. Darüber hab ich ja auch in meinem Büchlein "Klartext" geschrieben.
Mittlerweile profitiere ich intensiv von zahlreichen Begegnungen mit Vertreter*innen der "GenY" - jenen Mitt-Dreißigern, die nun in wachsender Zahl das mittlere Management in den Betrieben bevölkern.
Diese Generation hat das große Verdienst erworben, Menschen meiner Generation mit großer Beharrlichkeit und Ausdauer mit der Frage nach dem "Sinn" zu konfrontieren. Nicht zufällig wird im Englischen der Buchstabe Y wie "Why" ausgesprochen.
Ich bin durchaus im Rahmen des Erlaubten auch ein bisschen stolz, dass ich schon vor Auftauchen der GenY mein Mantra im Themen-Bereich der Führung formuliert habe: "Führen ist mehr, als die Herstellung von Erfolg. Führen ist die Vermittlung von Sinn."

Nun merke ich, dass sich die wahre Bruchlinie im Arbeitsalltag nicht zwischen der GenZ und den Boomern, die nun ja auch zunehmend in Rente gehen, und auch nicht so sehr zwischen GenZ und der GenX (den Anfangs-Fünzigern) abspielt, sondern zwischen GenY und GenZ.
Und zwar ganz vehement.
GenY-Repräsentant*innen klagen lautstark, wie sehr ihnen die GenZ auf die Nerven geht.
Und zwar nicht aus dem weit verbreiteten Vorurteil, die GenZ wäre faul. Sondern, weil die GenZ aus Sicht der GenY vor allem eines verweigert: 

Hierarchien und Führung.

Beispiel: 

In einem Beratungs-Unternehmen überfällt ein Kunde den Dienstleister mit einem Emergency-Projekt, das binnen 3 Tagen strategisch aufgesetzt werden muss.
Der zuständige GenY-Repräsentant trommelt sein GenZ-Team zusammen, ruft den Alarm aus und gibt konkrete Vorgaben, wie das Kundenthema nun schnell und effektiv aufgesetzt werden soll - schließlich gibt es nur 3 Tage Zeit. Nach 3 Tagen, in denen die Führungskraft ständig involviert war, kommt das GenZ-Team am Ende mit einem völlig unbrauchbaren finalen Konzept zurück. Auf die Frage, was das denn nun bedeuten solle, kommt die Antwort: "Wir wollen nicht auf Schienen fahren, die Du uns gelegt hast, wir möchten unsere Ideen eigenständig entwickeln." Erlebnisse dieser Art könnte ich in Endlosschleife erzählen.

Was die GenY nun auf die Palme bringt, ist die Abwesenheit einer Selbstverständlichkeit, die über viele Jahre nicht ausgesprochen werden musste und nun offensichtlich neu verhandelt werden muss:
Wenn Du Deinen eigenen Weg gehen willst, dann erfülle zuerst einmal die vorgeschriebene Pflicht-Aufgabe, bevor Du die Kür tanzt. Und wenn für die Kür aktuell keine Zeit zur Verfügung steht, dann warte auf eine bessere Gelegenheit.

Der Vollständigkeit halber erwähne ich einen riesengroßen Unterschied, der beinahe über Jahrzehnte die Analyse des Arbeitslebens beherrschte und nun auf den Kopf gestellt wird: 

Auf die Frage, was für ein glückliches Arbeitsleben relevant ist, antworteten bisher Tausende Befragte weltweit in schönem Einklang
1. Eine spannende Aufgabe
2. In einem guten Team arbeiten
3. Gutes Einvernehmen mit dem/der Vorgesetzten
4. Fair Pay
(In dieser Abstufung)

Für die GenZ gilt:
1. Gutes Geld
2. Gute Work-/Life-Balance
Die Klärung der Sinn-Frage des Lebens findet im Privat-Leben statt, der Beruf ist ein Mittel zum Zweck.

Was diese Orientierung für den sogenannten "Generationen-Vertrag" bedeutet, habe ich an anderer Stelle auf meinem Blog schon einmal ausgeführt.

Die Auswirkungen des "Freiheitsdrangs" der GenZ in dicht getakteten Szenarien und der "Clash of Generations" zwischen Y und Z werden wohl noch ausreichend Stoff für die eine oder andere Betrachtung liefern. 

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Kommentare: 4
  • #1

    Birgit Brunner (Montag, 14 Oktober 2024 07:29)

    Hallelujaaa... ein Kind Y, eines Z...
    Aber GsD überschneiden sich ja die Jahrgänge ;-)
    Y von 1981-99 (oder doch 95), Z von 1995-2010.. meine Kinder 88/97. Da ist noch nicht alles im Argen ;)
    Dankeee.. toller Text, wenn auch beunruhigend (auf Generationenvertrag bezogen).

  • #2

    Martina Pecher (Montag, 14 Oktober 2024 19:55)

    Lieber Hannes, aus erster Hand: Stefan 1997 selbständiger Filmemacher, es zählt nur die Aufgabe, der Sinn im Vermitteln von Inhalt, nagt ständig am Hungertuch, kann ihn nicht zuordnen. Sabine 1999, Wirtschaftsprüferin, es zählen Aufgabe, Team, Gehalt, Freizeit, also eher Y. Danke für deinen spannenden Beitrag, Glgmartina

  • #3

    Herbert Mayrhofer (Montag, 14 Oktober 2024 21:31)

    Eine kleine etymologische Anmerkung zum Wort / Begriff „Führen“.
    Der Wortstamm geht zurück auf den mittelhochdeutschen Begriff „ vueren“. Im engeren Sinne hat dies „ein Pferdegespann antreiben“ bedeutet. Im weiteren Sinne - und dies erscheint sehr tauglich- wurde „vueren“ auch mit „in Bewegung setzen“ verstanden

  • #4

    Michaela Wejrowsky (Donnerstag, 17 Oktober 2024 09:05)

    Lieber Hannes,
    danke für den Beitrag.
    Interessant wie sehr sich unser beiden Erfahrungen mit diesen Gen‘s unterscheiden …

    Vertreter der Gen Y (Mitarbeiter, Kollegen, Kunden und auch Vorgesetzte):
    - Geld ( bitte viel)
    - Work-Life-Balance mit starkem Fokus auf Life
    (auch wenn es auf Kosten anderer Kollegen/Menschen geht) - wird als „gesunder Egoismus“ getarnt
    - Respekt oder gutes Klima zu Vorgesetzten? Fehlanzeige, brauchen sie wohl nicht, da ja das eigene Wohlergehen im Vordergrund steht
    - Karriereleiter ganz schnell nach oben, nein gleich in der oberen Hälfte einsteigen und allen ganz cool erklären, wie‘s „wirklich geht“.
    - Frage nach dem Sinn ? 1. „mir soll’s gut gehen“ und „wir richten, was die Babyboomer verbockt haben“

    Das macht mir mehr Gedanken, da diese Gen gerade unsere Gesellschaft, unser Arbeitsleben „gestalten“ und immer mehr die Zügel für die Zukunft in Händen halten.

    Lg Michaela